Grenzenlose Lebensfreude im besten Sinne des Wortes konnte man am Freitagabend im Festsaal der Stadthalle erleben. Musik- und Tanz verbanden dort rund 420 Menschen mit und ohne Handicap. Nicht nur im grandios farbenfroh kostümierten Publikum, sondern auch bei den Akteuren auf der Bühne wurde deutlich, was möglich ist, wenn Menschen sich vor allem als Menschen sehen und sich deshalb vorbehaltlos aufeinander einlassen.
Bereits zum siebten Mal hatten sich der städtische Kulturbetrieb, der Verein für Bewegungsförderung und Gesundheitssport (VBGS) und die KG Mülheimer Stadtwache als Veranstalter aufeinander eingelassen und so den Inklusionskarneval in der Stadthalle möglich gemacht. Zwischen und Bühne und Parkett pendelten ein Show-Express und auch die eine oder andere Polonaise. Mal sorgten die Flotten Socken aus Essen, Cheerleader aus Duisburg und der Musikzug Oberhausen, mal die tanzenden Pottkids von der KG Mölm Boowenaan, die Stadtwächter-Showtanztruppen der Raudis und der New Generation und die mit fantastischen Flug- und Hebefiguren zaubernden Dürscheder Mellsäck für gute Unterhaltung. „Ihr seid einfach spitze. Und deshalb sind wir heute auch hier hin gekommen, weil dieser Auftritt, als einer von 13 an diesem Karnevalswochenende, eine Herzenssache ist“, erklärte Kommandant Julius Körner, warum seine Dürscheder Mellsäck trotz ihres überfüllten Terminkalenders Zeit für einen gagenfreien Auftritt beim Inklusionskarneval in der Mülheimer Stadthalle übrig hatten.
Natürlich gaben sich auch die Mölmschen Tollitäten mit ihren Gesangs- und Tanzshows die Ehre. Stadtprinz Dennis I. war so begeistert von der Begeisterungsfähigkeit seines Publikums, dass er während seiner Show die Bühne verließ und jeden Jecken, der ihm alle Fünfe geben wollte, herzlich abklatschte.
Doch an diesem inklusiven Karnevalsabend hatten nicht nur die Mölmschen Tollitäten einen starken Auftritt. Katja und Kai Wallraf aus Frechen-Bachem zeigten als inklusives Prinzenpaar Katja I. und Kai I. mit dem in Gebärdensprache dargestellten Lied: „Du bist Kölle“, dass auch für einen jungen Autisten, dem die Worte nur schwer über die Lippen kommen, der Traum, einmal Prinz im Karneval zu sein und das Publikum zu begeistern, in Erfüllung gehen kann. „Glaubt an eure Träume und arbeitet an ihnen. Wir haben es, trotz anfänglicher Bedenken gemacht und wissen deshalb heute, dass es die beste Entscheidung unseres Lebens gewesen ist“, sagte Prinzessin Katja unter dem tosenden Applaus des Publikums. Und zu Ehren der rheinischen Gäste, die gleich 40 Mitglieder ihrer Gesellschaft „Bachem bleibt Bachem“ mit in die Ruhrstadt gebracht hatte, verschwammen an diesem Abend auch die Helau- und Alaaf-Grenzen des Karnevals, so dass es ausnahmsweise auch mal. „Frechen-Bachem Helau!“ und: „Uss Mölm, Alaaf!“ heißen durfte.
Stimmen zum Inklusions-Karneval
Kulturdezernent Marc Buchholz: „Wir erleben hier, wie das kulturelle Brauchtum Karneval ganz unterschiedliche Menschen zusammenbringt und Zusammenhalt stiftet. Und wenn heute die Grenzen zwischen Alaaf und Helau verschwimmen, dann ist auch noch mehr möglich, um die Grenzen in unseren Köpfen und die Barrieren zwischen uns zu überwinden.“
Alfred Beyer, Vize-Vorsitzender der Stadtwächter und VBGS-Vorsitzender: „Der Festsaal der Stadthalle ist proppenvoll und die Leute sind begeistert. Da kann man nur zufrieden sein.“
Annette Klövekorn, Ratsmitglied und stellvertretende VBGS-Vorsitzende: „Das ist hier der richtige Karneval, weil hier alle aufeinander zugehen und gemeinsam Spaß haben, weil sich alle auf unterschiedlichen Ebenen einbringen können.“
Christa Kraus, ehrenamtliche Helferin des VBGS: „Hier verschwinden Grenzen und alle ziehen an einem Strang. Wir erleben, dass wir alle Menschen wie du und ich sind und dass es keinen Sinn macht, Menschen auszugrenzen. Es macht einfach Freude, in so viele fröhliche Gesichter zu schauen und zu spüren wie der ganze Saal vibriert.“
Stadtprinz Dennis I.: „In dem wir alle mit einbeziehen und gemeinsam den Karneval feiern, zeigen wird, dass jeder Mensch gleich viel zählt.“
Heino Passmann, Vizepräsident des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval und Präsident der Prinzengarde Rote Funken: „Hier erleben wir den Kern des Karnevals. Hier ist der Mensch einfach nur Mensch und wird so angenommen und ist so willkommen wie er ist.“
Dieser Text erschien am 23. Februar 2020 in NRZ & WAZ
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