Samstag, 15. Februar 2020

Fromme Floristen?

Eigentlich ist Mutter einem Blümchen nicht abgeneigt. Auch ich hätte ihr gestern gerne eines geschenkt. Doch als Mutter bei unseren Innenstadtrundgang sah, welche preistechnischen Blüten der Valentinstag getrieben hatte, verging ihr die Lust auf ein Sträußchen. Obwohl ich mich ihr spontan als Rosenkavalier anbot und gerne auch einen Euro mehr ausgegeben hätte, ließ sich Mutter in ihrer Contra-Kommerz-Haltung nicht erweichen. Denn auch wenn Mutter Sympathien für geschäftstüchtige Menschen hat, ging ihre Liebe am gestrigen Valentinstag dann doch nicht so weit, dem allzu geschäftstüchtigen Blumenhandel einen Bonus auf Kosten des heiligen Valentin zu gewähren. Es wollte ihre partout nicht in den Kopf, warum das Gewerbe der Floristen ausgerechnet am Todestag des heiligen Valentin florieren soll. Der Schutzheilige der Liebenden verlor am 14. Februar 269 nur deshalb den Kopf verlor, weil er als Priester entgegen dem Gebot des römischen Kaisers Claudius II. Liebende nach dem christlichem Ritus traute und ihnen zur Vermählung Blumen aus seinem Garten schenkte. So gab es für Mutter gestern von ihrem Sohn keine Blümchen, sondern nur ein Küsschen. Das war ihr nicht nur preiswerter, sondern auch lieber und sicher auch im Sinne des heiligen Valentin und seiner Frohen Botschaft der Liebe. Aber, liebe Floristen! Keine Bange. Das nächste Blümchen für Mutter kommt bestimmt auf den Tisch oder auf die Fensterbank, sobald sie ihren heiligen Zorn über den Preisschock vom Valentinstag überwunden hat und ihr eure Preisschraube ganz still, fromm und flott auf Normalmaß zurückgedreht habt. 

Dieser Text erschien am 14.02.2020 in der NRZ

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