„So viele Zuhörer wünscht sich mancher
Geistliche, wenn er predigt“, sagt die ehrenamtliche Leiterin der Saarner
Klosterbücherei, Henny Reinke. Pfarrer Christian Böckmann gibt mit Blick auf
die fast überfüllte Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt zu: „So voll ist es hier
sonst nur an Weihnachten.“ Und Buchhändlerin Ursula Hilberath freut sich als
Mit-Initiatorin des Saarner Bücherherbstes: „Wir hätten auch den Kölner Dom ausverkaufen
können!“ 310 Kirchenbesucher finden an diesem Abend Platz auf Bänken und Stühlen.
Sie sind gekommen, um Christine Westermann zu erleben. Die Journalistin,
Autorin und Moderatorin stellt ihr Buch: „Manchmal ist es federleicht“ vor. Es
geht um die kleinen und großen Abschiede im Leben. Das ist ein Thema wie
gemacht für eine Predigt. Wenn sie ganz gegenwärtig vor dem Altar von St. Mariä
Himmelfahrt von den Abschieden und Neuanfängen ihres Lebens liest und erzählt,
kommt die Botschaft an. Die Menschen im Kirchenschiff hören gespannt zu. Aber
es darf und wird auch geklatscht oder gelacht.
Vor allem als Westermann einfühlsam und glaubwürdig von
ihrer frühkindlichen Flucht aus der DDR, der Scheidung ihrer Eltern und dem
viel zu frühen Tod ihres kulturell und politisch engagierten Vaters oder vom
Krebstod einer lebenshungrigen und lebensbejahenden Freundin berichtet, bekommt
ihre Lesung eine seelsorgerische Qualität, die man sich von so mancher Predigt
und Liturgie wünschen würde. „Als Menschen schwanken wir angesichts der
unausweichlichen Veränderungen in unserem Leben zwischen der Furcht vor eben
diesen Veränderungen und dem Mut, sie anzunehmen. Ich habe gelernt, dass es im
Leben keinen Mut ohne Angst gibt, aber dass es herrlich befreiend und federleicht
sein kann, wenn man den Mut findet, sich von seinen Erwartungen, Vorsätzen und
Verstrickungen zu trennen und sie einfach über Bord zu werfen.“
Und auch diese Botschaft gibt Christine Westermann ihren Zuhörern,
Zuschauern und Lesern mit auf den Heimweg, ehe sie ihre an einem Büchertisch reichlich
verkauften Bücher signiert: „Der liebe Gott hat es gut eingerichtet, dass uns
die lebendige Erinnerung an einen geliebten Menschen bleibt, von dem wir uns verabschieden
mussten. Und ich selbst verteidige meinen Kinderglauben mit aller Macht, dass
ich behütet und beschützt werde.“
Nach der Lesung steht für Pfarrer Christinan Böckmann fest: „Das
Kloster Saarn war und ist ein Ort der starken Frauen!“ Die Zisterzienserinnen
haben hier gewirkt. Und jetzt sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der 1849
gegründeten Klosterbücherei ebenso in ihre Fußstapfen getreten wie etwa ihre
Kolleginnen von der Gemeinde-Caritas, die tatkräftigen Saarner Buchhändlerinnen
Ursula Hilberath und Brigitta Lange oder jetzt auch Christine Westermann.
Dieser Text erschien am 27. Oktober 2019 im Neuen Ruhrwort
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