Auch das
Private ist politisch. Das lehrte mich jetzt die Historikerin Daniela Rüther
mit ihrem Vortrag zur Reihe der Mülheimer Geschichte. Im Haus der Stadtgeschichte
war ihr Thema der Eintopfsonntag. Alte Mülheimer werden sich erinnern. Unter
den Nazis mussten die Volksgenossen, die froh waren, wenn sie was zu beißen
hatten, an Sonntagen im Herbst und Winter ihren Eintopf löffeln und die
vermeintliche Ersparnis für den ausgefallenen Sonntagsbraten der
Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt spenden. Doch das so eingenommene Volksvermögen
wurde von den Satansbraten an der damaligen Staatsspitze eben nicht nur für die
armen Volksgenossen, sondern auch für die aufzurüstende Wehrmacht verwendet.
Jeder weiß heute wie diese Geschichte ist geendet. Deshalb tun wir nicht nur am
Vorabend des Volkstrauertages gut daran, auf keinen Fall anzubeißen, wenn uns
politisch extrem scharfe Rattenfänger
den süßen Apfel der vermeintliche leichten politischen Erkenntnis als angeblich
schmackhafte Alternative zum vermeintlichen Einheitsbrei der Demokratie
anbieten, um damit ihr ganz eigenes Süppchen zu kochen. Ja. Die Demokratie ist,
wie schon der Feinschmecker und britische Premierminister Winston Churchill
wusste, die schlechteste Staatsform außer aller anderen. Sie ist kein
Zuckerschlecken und lässt uns manch bittere Pille schlucken, um dafür zu
sorgen, dass am Ende alle ein Stück vom Kuchen abbekommen.
Dieser Text erschien in der NRZ vom 16. November 2019
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