Samstag, 2. November 2019

Wenn Politik in Gang kommt

Raserei an Velauer Straße und eine mögliche Wohn- und Gewerbebebauung waren die Top-Themen des SPD-Spaziergangs durch den Heißener Süden. Nicht nur Ratsmitglieder und Bezirksvertreter, sondern auch zehn interessierte Nachbarn und Anwohner nahmen sich dafür am Samstagvormittag Zeit.


An der Ecke Velauer Straße/Gneisenaustraße erläuterten Ratsherr Claus Schindler und Bezirksbürgermeister Peter Pickert, die Pläne für einen an dieser Stelle geplanten Kreisverkehr. Der soll die steigende Zahl der Raser bremsen und stößt deshalb nicht nur bei Anwohnerin Jutta Dreiferd auf Zustimmung. „1997 sind hier Tempo-50-Schilder aufgestellt worden. Doch die wenigsten Auto- und LKW-Fahrer halten sich an diese Vorgabe, sondern fahren gerne auch mal mit 70 oder 80 km/h über diesen Kreuzungsbereich“, schildert Jutta Dreiferd die Lage. Mit der zunehmenden Raserei und einer gleichzeitig zunehmenden Verkehrsdichte, so beklagt sie, steige nicht nur das Unfallrisiko, sondern auch die Lärmbelastung. Dreiferd erinnert an eine von mehreren 100 Bürgern unterzeichnete Eingabe an die Stadt im Jahr 2014. Doch seitdem hat sich an der unbefriedigenden Situation offensichtlich nichts geändert. Schindler und Pickert verweisen nicht nur auf die Pläne für den Kreisverkehr, der 2021 realisiert werden könnte. Sie versprechen auch die Möglichkeit von Geschwindigkeitsmessungen und Radarfallen zu prüfen, die Raser abschrecken könnten. Schindler gießt aber auch gleich wieder Wasser in den Wein. Er weist darauf hin, dass die Topgrafie bisher das dauerhafte Aufstellen einer Radaranlage verhindert habe.


Verkehrslärm ade. Frischluft und Urlaubsgefühl willkommen. Am Kocksfeld, südlich der Velauer Straße, erntet Claus Schindler heftigen Widerspruch, als er erläutert, dass ein 1,5 Hektar (150.000 Quadratmeter) großer Geländestreifen diese auch als Naherholungsgebiet genutzten Grünzuges auf einer Prüfliste für eine möglich Wohn- und Gewerbebebauung stehe, um Geld in die Kasse der mit zwei Milliarden Euro verschuldeten Stadt zu bringen. „Das ist eine Unverschämtheit! Nur über meine Leiche!“ bekommen die Kommunalpolitiker zu hören.


„Die Stadt hat inzwischen alle ihre Gewerbeflächen verkauft und auch die Steuerschraube bei der Grund- und Gewerbesteuer fast überdreht. Aber wir brauchen als Stadt Geld, um unsere öffentliche Infrastruktur wie etwa Schulen und Schwimmbäder erhalten zu können. Aber wir können das nur erwirtschaften, wenn wir ansiedlungswilligen Firmen Flächen und zuzugswilligen Familien Wohnraum anbieten können“, gibt Schindler zu bedenken.


Anwohner Ulrich Kleist versucht sich mit einem grundsätzlichen Reformvorschlag, einer Ruhrstadt mit einem gemeinsamen Gewerbesteuersatz und einem gemeinsamen Flächenmanagement. „Es kann doch nicht sein, dass an der einen Stelle des Ruhrgebietes Industriebrachen mit Steuergeldern renaturiert werden. Und an anderer Stelle Steuergelder investiert werden, um naturbelassene Freiflächen zuzubauen.“ Kommunalpolitiker und Bürger wissen, dass sie das Dilemma des Zielkonfliktes Ökonomie gegen Ökologie an diesem Samstag nicht auflösen werden. Schindler lässt noch wissen, dass die Prüfliste mit acht Standorten zeitnah auf der Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses stehen wird. Wie ein Mahnmal wirkt da ein Gedenkstein am Wegesrand, der daran erinnert, dass Bürger vor fast 50 Jahren den Bau einer sechsspurigen Autobahn (der A31) verhindert haben. 


Und dann holt das Thema Autoverkehr und Raserei die von der SPD eingeladenden Bürger wieder ein. „Hier fehlt Fußgängerübeweg“, ist man  sich einig, als man die grüne Oase des Kocksfeld verlassen und unmittelbar an der Stadtgrenze zwischen Mülheim und Essen über die Velauer und die Hatzperstraße Straße zurück in die Wohngebiete an der Harzopfer und die Gneisenaustraße kommen will. Gar nicht so leicht und gefährlich, wenn der Autoverkehr zügig fließt. Und dann nehmen die Kommunalpolitiker, last, but not least, auch noch den Bürgerhinweis auf eine hochstehende Bordsteinplatte an der Gneisenaustraße mit auf ihre To-do-Liste. „Diese Stadtteilrundgänge lohnen sich. Denn man kann Anregungen der Bürger mitnehmen und ihnen gleichzeitig politische Problemlagen erklären. Auch wenn nicht immer alles zu jeder Zufriedenheit gelöst werden kann, ist es gut für unsere Demokratie, wenn Bürger und ihre gewählten Mandatsträger miteinander statt übereinander sprechen“, sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler. 


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