Sonntag, 24. November 2019

Ein Mann der Geschichte

Der Historiker Dr. Kai Rawe schlägt ein neues Kapitel in seiner Lebensgeschichte auf. Er bleibt Leiter eines Stadtarchivs, wechselt in dieser Funktion aber von Mülheim nach Bochum. Am 1. Dezember tritt er seine neue Stelle an. Er bleibt aber Vorsitzender des Mülheimer Geschichtsvereins und Jury-Mitglied des Ruhrpreises für Kunst und Wissenschaft.
"Ich habe in Mülheim, trotz Personal- und Budgetkürzungen, viel Wertschätzung für meine Arbeit erfahren und habe mich hier sehr wohlgefühlt. Aber es reizt mich die Leitung des größeren Stadtarchivs in meiner Wahlheimat Bochum zu übernehmen, in der ich seit 25 Jahren lebe und auch viele Menschen kenne", erklärt Rawe seinen Wechsel, der auch mit einem Gehaltssprung nach oben verbunden ist.

Attraktive Aufgabe

Die Leitung des Bochumer Stadtarchivs ist für Rawe, der in Bochum Geschichte studiert- und als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ruhruniversität seine Doktorarbeit über die Zwangsarbeiter im Ruhrbergbau des Ersten Weltkriegs geschrieben hat, eine attraktive Aufgabe. Denn zum Stadtarchiv gehört auch das Stadthistorische Museum der Stadt und eine Kooperation mit der geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Ruhruniversität, an der auch Mitarbeiter des Stadtarchivs lehren.
Doch die Vorfreude auf seine neue Aufgabe in Bochum, verstellt Rawe nicht den dankbaren und zufriedenen Rückblick auf seine Zeit im Mülheimer Stadtarchiv. 2006 kam Rawe als Projektmitarbeiter mit einem Zweijahresvertrag zur Vorbereitung des Stadtjubiläums (2008) ins Stadtarchiv, das damals noch in einer ehemaligen Volksschule an der Aktienstraße untergebracht war. Am 2. Januar 2008 konnte er dann die Nachfolge seines 2006 pensionierten Vorgängers Dr. Kurt Ortmanns antreten. Nach Ortmanns war Rawe erst der zweite hauptamtliche Leiter des Stadtarchivs. Zwischen 2006 und 2008 hatte die damalige stellvertretende Leiterin Eva Kniese das Stadtarchiv kommissarisch geführt.
 
Zu den bitteren Pillen seiner Amtszeit zählt Rawe, dass das Stadtarchiv, ohne personelle Aufstockung, 2009 die mit der amtlichen Auskunftspflicht verbundene Archivierung der Standesamtsregister übernehmen musste. "Dass sind mehrere 100 Anfragen, die wir jedes Jahr beantworten müssen", erklärt der scheidende Leiter des Stadtarchivs, in dem aktuell sieben Mitarbeiter tätig sind. 
Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählt Rawe, der in seinem ersten Berufsleben als Verwaltungsfachangestellter in seiner Heimatstadt Altena gearbeitet hatte, den Umzug des Stadtarchivs ins neue Haus der Stadtgeschichte an der Von-Graefe-Straße. Rawe lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Ortswechsel und die Hausgemeinschaft mit der städtischen Musikschule dem Stadtarchiv gut getan hat, Denn im Haus der Stadtgeschichte gibt es neben Magazin- und Büroräumen, nicht nur den obligatorischen Lesesaal für Archivnutzer, sondern auch einen Vortragssaal, und eine Ausstellungsfläche im Erdgeschoss sowie einen Seminarraum, der sich in der stadtgeschichtlichen Projektarbeit mit Schulklassen, stadtgeschichtlichen Arbeitskreisen und anderen Einrichtungen bewährt hat. Auch an vielbeachtete Gemeinschaftsausstellungen im Haus Ruhrnatur und im Medienhaus erinnert sich Rawe gerne.
Für die Frau oder den Mann, die seine Nachfolge an der Spitze des Stadtarchivs antreten, hat Kai Rawe übrigens schon vorgearbeitet. Die Vorträge, die 2020 im Rahmen der Reihe zur Mülheimer Stadtgeschichte gehalten werden, sind ebenso eingestielt wie zwei Ausstellungen über antisemitische Postkarten und die 25-jährige Geschichte des Fördervereins Mülheimer Städtepartnerschaften.
Dieser Text erschien am 18. November 2019 im Lokalkompass der Mülheimer Woche

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ein Mini-Malta an der Ruhr

Wo heute der Nachwuchs bei der Arbeiterwohlfahrt seine Freizeit verbringt, schoben im alten Wachhaus der Wraxham Baracks von 1945 bis 1994 S...