Donnerstag, 15. November 2018

Wie wandelbar ist das C?

Aktueller hätten die katholische Akademie und die Fasel-Stiftung ihr gemeinsames Veranstaltungsthema nicht wählen können: Der an der Universität Duisburg-Essen lehrende Parteienforscher Karl Rudolf Korte und CDU-Mitglied Diana Kinnert diskutierten mit dem Akademiedozenten Tobias Henrix und den interessierten Gästen im vollbesetzten Auditorium der Wolfsburg darüber, ob die „CDU eine Partei mit einem wandelbaren Profil ist.“ Mit der Autorin und Unternehmerinnen Diana Kinnert (27) hatten sich die Gastgeber eine junge Frau eingeladen, die ihren Zuhörern etwas zu sagen hatte, zum Beispiel dass der klassische Vierklang der 1945 gegründete CDU konservativ, liberal, christlich und sozial auch im Zeitalter des Individualismus und der Digitalisierung nichts an seiner Aktualität verloren habe. Die aus Wuppertal stammende und heute in Berlin lebende und arbeitende Tochter eines schlesischen Vaters und einer philippinischen Mutter würde man auf den ersten Blick vielleicht eher bei den Grünen als bei den Christdemokraten vermuten.

„Junge Menschen tun sich heute schwer mit den christlichen Kirchen. Aber sie suchen mehr denn je nach Sinn und Orientierung in ihrem Leben. Und hier müssen wir als Partei der individuellen Freiheit, der Rechtstaatlichkeit, der Solidarität und der kulturellen Identität eine Antwort geben, die Menschen zusammenführt und nicht ausgrenzt“, sagte Kinnert, vor zehn Jahren der CDU beitrat und unter anderem in deren Zukunftskommission mitgearbeitet hat.

Auch Patriotismus ist für sie nicht von gestern, wenn er sich nicht ausgrenzend, sondern integrierend und das gesellschaftliche Engagement fördernd versteht. Kinnert selbst rechnet sich der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft zu, kann aber auch etwas mit dem christlichen Menschenbild und der wert-konservativen Grundhaltung ihrer Partei anfangen. „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung müssen in einer Welt des Klimawandels, der erneuerbaren Energiewende und der prekären Beschäftigungsverhältnisse, in denen Menschen auch mit 30 oder 40 sich beruflich neu aufstellen und lebenslang lernen müssen hochaktuelle Fragen, auf die wir als Union zukunftsweisende Antworten finden und die Menschen mitnehmen müssen, statt sie zu bevormunden“, unterstreicht Kinnert, die sich beruflich mit Medien und nachhaltiger Produktion und medialer Kommunikation beschäftigt. Die junge Christdemokratin glaubt nicht an die Wirksamkeit nationaler Alleingänge in einer global vernetzten Welt, sondern setzt auf entwicklungs- und wirtschaftspolitische Anreize, die zum Beispiel die Herstellung von umweltfreundlichen Plastik-Alternativen setzt.

Der Vorstandsvorsitzende der Fasel-Stiftung, Reinhold Kube griff Karl-Rudolf Kortes These vom „rasenden Stillstand“ auf, aus dem die Unionsparteien, mit welchen Vorsitzenden auch immer unsere Gesellschaft führen müsse, um politisch erfolgreich bestehen zu können.

„Dass sich in der Union drei profilierte Kandidaten um die Nachfolge von Angela Merkel bewerben, macht die Menschen neugierig und nutzt der Union, die ihre Aufbruchstimmung aber auch inhaltlich unterlegen muss, wenn sie nicht dasselbe Schicksal wieder Sozialdemokrat Martin Schulz erleiden will.“

Kritisch bewertete der Politikwissenschaftler, dass es Merkel versäumt habe, den intellektuellen politischen Nachwuchs in der CDU im Allgemeinen und junge Frauen im Besonderen zu fördern und darüber hinaus auch Fehler in der Flüchtlingspolitik einzugestehen.“ Anders, als „die Eiskönigin“ Merkel seinen ihre potenziellen Nachfolger eher in der Lage, die Menschen emotional anzusprechen „und für unsere Demokratie zu begeistern.“ Nicht zu unterschätzen ist aus Kortes Sicht „den Vorteil, den die CDU-Generalsekretärin und ehemalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer aufgrund ihrer Regierungserfahrung und ihrer guten Vernetzung in der Partei“ habe, wenn es im Dezember darum gehe die Mehrheit der 1001 Parteitagsdelegierten in Hamburg zu gewinnen. Dass der oder die nächste CDU-Chefin die Union auch als Kanzlerkandidatin in die nächste Bundestagswahl führen wird, ist für Korte „sehr wahrscheinlich.“ Zuversichtlich ist der Parteienforscher, dass die Union auch in einer zunehmend Pluralen und muktikulturellen Gesellschaft mit dem C und dem dahinter stehenden Menschenbild gut fahren wird.
Dieser Text erschien im November 2017 im Neuen Ruhrwort

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