Aktueller hätten die katholische Akademie und die Fasel-Stiftung
ihr gemeinsames Veranstaltungsthema nicht wählen können: Der an der Universität
Duisburg-Essen lehrende Parteienforscher Karl Rudolf Korte und CDU-Mitglied
Diana Kinnert diskutierten mit dem Akademiedozenten Tobias Henrix und den
interessierten Gästen im vollbesetzten Auditorium der Wolfsburg darüber, ob die
„CDU eine Partei mit einem wandelbaren Profil ist.“ Mit der Autorin und
Unternehmerinnen Diana Kinnert (27) hatten sich die Gastgeber eine junge Frau
eingeladen, die ihren Zuhörern etwas zu sagen hatte, zum Beispiel dass der
klassische Vierklang der 1945 gegründete CDU konservativ, liberal, christlich
und sozial auch im Zeitalter des Individualismus und der Digitalisierung nichts
an seiner Aktualität verloren habe. Die aus Wuppertal stammende und heute in
Berlin lebende und arbeitende Tochter eines schlesischen Vaters und einer philippinischen
Mutter würde man auf den ersten Blick vielleicht eher bei den Grünen als bei den
Christdemokraten vermuten.
„Junge Menschen tun sich heute
schwer mit den christlichen Kirchen. Aber sie suchen mehr denn je nach Sinn und
Orientierung in ihrem Leben. Und hier müssen wir als Partei der individuellen
Freiheit, der Rechtstaatlichkeit, der Solidarität und der kulturellen Identität
eine Antwort geben, die Menschen zusammenführt und nicht ausgrenzt“, sagte
Kinnert, vor zehn Jahren der CDU beitrat und unter anderem in deren
Zukunftskommission mitgearbeitet hat.
Auch Patriotismus ist für sie nicht
von gestern, wenn er sich nicht ausgrenzend, sondern integrierend und das
gesellschaftliche Engagement fördernd versteht. Kinnert selbst rechnet sich der
christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft zu, kann aber auch etwas mit dem
christlichen Menschenbild und der wert-konservativen Grundhaltung ihrer Partei
anfangen. „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung müssen in einer
Welt des Klimawandels, der erneuerbaren Energiewende und der prekären
Beschäftigungsverhältnisse, in denen Menschen auch mit 30 oder 40 sich
beruflich neu aufstellen und lebenslang lernen müssen hochaktuelle Fragen, auf
die wir als Union zukunftsweisende Antworten finden und die Menschen mitnehmen
müssen, statt sie zu bevormunden“, unterstreicht Kinnert, die sich beruflich
mit Medien und nachhaltiger Produktion und medialer Kommunikation beschäftigt. Die
junge Christdemokratin glaubt nicht an die Wirksamkeit nationaler Alleingänge
in einer global vernetzten Welt, sondern setzt auf entwicklungs- und
wirtschaftspolitische Anreize, die zum Beispiel die Herstellung von
umweltfreundlichen Plastik-Alternativen setzt.
Der Vorstandsvorsitzende der
Fasel-Stiftung, Reinhold Kube griff Karl-Rudolf Kortes These vom „rasenden
Stillstand“ auf, aus dem die Unionsparteien, mit welchen Vorsitzenden auch
immer unsere Gesellschaft führen müsse, um politisch erfolgreich bestehen zu
können.
„Dass sich in der Union drei
profilierte Kandidaten um die Nachfolge von Angela Merkel bewerben, macht die
Menschen neugierig und nutzt der Union, die ihre Aufbruchstimmung aber auch
inhaltlich unterlegen muss, wenn sie nicht dasselbe Schicksal wieder
Sozialdemokrat Martin Schulz erleiden will.“
Kritisch bewertete der Politikwissenschaftler,
dass es Merkel versäumt habe, den intellektuellen politischen Nachwuchs in der
CDU im Allgemeinen und junge Frauen im Besonderen zu fördern und darüber hinaus
auch Fehler in der Flüchtlingspolitik einzugestehen.“ Anders, als „die
Eiskönigin“ Merkel seinen ihre potenziellen Nachfolger eher in der Lage, die
Menschen emotional anzusprechen „und für unsere Demokratie zu begeistern.“
Nicht zu unterschätzen ist aus Kortes Sicht „den Vorteil, den die
CDU-Generalsekretärin und ehemalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret
Kramp-Karrenbauer aufgrund ihrer Regierungserfahrung und ihrer guten Vernetzung
in der Partei“ habe, wenn es im Dezember darum gehe die Mehrheit der 1001
Parteitagsdelegierten in Hamburg zu gewinnen. Dass der oder die nächste
CDU-Chefin die Union auch als Kanzlerkandidatin in die nächste Bundestagswahl
führen wird, ist für Korte „sehr wahrscheinlich.“ Zuversichtlich ist der Parteienforscher, dass die Union auch in einer zunehmend Pluralen und muktikulturellen Gesellschaft mit dem C und dem dahinter stehenden Menschenbild gut fahren wird.
Dieser Text erschien im November 2017 im Neuen Ruhrwort
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