Der Elfte im Elften ist nicht nur der erste Tag der Fünften
Jahreszeit. Es ist auch der Martinstag. Und so gönnten sich die Karnevalisten
am Sonntagabend zum Sessionsstart den ökumenischen Segen durch Stadtdechant
Michael Janßen und Pfarrer Michael Manz. „Hast du Angst, dass uns der Himmel
auf den Kopf fällt?“ hinterfragte der Pfarrer von St. Mariae Geburt die
Tatsache, dass ihm sein evangelischer Amtskollege aus der Immanuel-Kirche einen
Bauarbeiterhelm verpasste, bevor beide in die Bütt stiegen. „Die brauchen wir,
weil wir in einer Stadt der Baustellen leben“, kommentierte Manz. Damit hatte
er die Lacher der Jecken auf seiner Seite. Und er legte denn auch gleich nach.
„Wenn euer Papst Franziskus mal einen Nachfolger braucht, schlage ich unseren
Baudezernenten Peter Vermeulen als Peter II. vor. Denn in Rom braucht man ja
auch Brückenbauer.“
Die frisch proklamierten Tollitäten, Prinz Johannes II.
(Terkatz) und Prinzessin Martina I. (Ising) griffen die geistliche Vorlage
gleich im ersten Paragrafen ihrer närrischen Regierungserklärung auf. Musikalisch
untermalt vom Partyschlager: „Das sind niemals 20 Zentimeter, lieber Peter“
verdonnerten sie die im Auftrag der Stadt tätigen Thyssen-Brückenbauer zur Nachhilfe
auf den Lego-Baustellen der Mülheimer Kindertagesstätten.
Wenn es nach den Tollitäten geht, die ihr Publikum im
Festsaal der Stadthalle auch mit einer brillanten Tanz-
Show begeistern konnten, soll die in den 1970er Jahren an der
Bergstraße erbaute Volkshochschule abgerissen und an gleicher Stelle durch
einen Neubau ersetzt werden.
Den öffentliche Nahverkehr der Ruhrbahn wünschen sich die
närrischen Regenten günstiger und kundenfreundlicher: „Alle Fahrgäste sollen
genau dorthin gebracht werden, wohin sie wollen“, hieß es in ihrer
Regierungserklärung, musikalisch unterstrichen vom Karnevalsschlager: „Komm,
wir fahren mit der Straßenbahn nach Istanbul!“
Ganz schön abgefahren kommt auch die von der
ZDF-Traumschiff-Filmmusik untermalte Idee der Tollitäten daher, die Stadthalle
mit Landungsbrücken aufzurüsten, um allen Mülheimern eine Kreuzfahrt zu
ermöglichen.
Dem Rat der Stadt empfahl das Stadtprinzenpaar mit einem
Ratsherrn an der Spitze: „Sich nicht mehr nur mit sich selbst zu beschäftigen,
sondern Ideen zur Belebung der Innenstadt zu entwickeln.“ Prinz Johannes an
seine Kollegen: „Wir machen es euch am Rosenmontag vor, wie das gehen kann.“
Und dann steuerte Prinzessin Martina I. gleich die nächste
kommunalpolitische Baustelle an: „Ein paar Flaschen Wein können doch nicht
wirklich das wichtigste Problem unserer Stadt sein. Beschäftigt euch mal mit
den wirklich wichtigen Problemen der Stadt,“ empfahl sie den Mitgliedern des
Stadtparlaments angesichts der Spesenaffäre des Oberbürgermeisters.
Mit der gegen das Stadthallen-Management der Mülheimer
Stadtmarketing- und Toruismusgesellschaft gerichteten Spitze: „Eine Halle für
alle Bürger. Das war einmal!“ forderte Stadtprinz Johannes bezahlbare
Saalmieten für die Räumlichkeiten der 1926 eröffneten und 1957 wiedereröffneten
Stadthalle.
Wenn der Stadt finanziell das Wasser bis zum Hals steht, soll
sie die Bürger nach Ansicht der Tollitäten, doch am in der Ruhr baden gehen
lassen. In Frieden ruhen lassen soll die Stadt ihre verstorbenen Bürger auf dem
Hauptfriedhof. Es dürfe, so die Tollitäten, nicht zu Umbettungen und damit zu
Friedhofsbesuchen kommen, bei denen es dann heiße: „Komm, Hasso! Such die Oma!“
In ihrem elften und letzten Proklamationsparagrafen sprachen
Johannes II. und Martina I. das tolerante und friedliche Miteinander der
Lebenden an: „Im Mülheimer Karneval ist jeder Jeck anders und deshalb ist uns
auch jeder Jeck willkommen, egal woher er kommt oder welche Hautfarbe er hat“,
verkündeten die Tollitäten unter den Klängen von: „We are the world./Wir sind
die Welt!“
Danach stand nicht nur für Oberbürgermeister Ulrich Scholten
fest: „Wir können froh sein, heute Abend in der Stadthalle eine
Prinzenproklamation miterlebt zu haben, die Lust macht auf die nächsten 150
Sessions-Auftritte der Tollitäten.“ Und dabei sprach es für sich, dass Stadtprinzessin
Martina Ising nach ihrem Auftritt noch einmal auf die Bühne kam und beim
Showtanz ihrer Ladykracher spontan mitmachte.
Dieser Text erschien am 13. November 2018 in NRZ/WAZ
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen