Mutter ist unersättlich. Das hätte ich nicht gedacht. Denn oft hat sie für ihre
Kinder zurückgestanden. Auch beim Essen und Trinken hält sie Maß. Nur wenn wir
Scrabble spielen, gibt sie sich mit Kleinigkeiten nicht zufrieden. Stattdessen
kann ihr kein Wort zu lang sein, am besten mit doppeltem und dreifachem Wort-
und Buchstabenwert. Lange lässt sie ihren Mitspieler warten und schlägt jeden
profanen Rat in den Wind.
Kurze Allerweltsworte, wie Eis oder Mut sind
ihre Sache nicht. Stattdessen legt Mutter, wenn ihr Mitspieler vor lauter
Verzweiflung schon kleine Figuren auf den Punktezettel kritzelt, erst richtig
los. Da wird aus dem Eis der Eisbecher und aus dem Mut die Ermutigung. Mutter
hat alles im Blick. Hier hängt sie Buchstaben hinten dran, dort legt sie einige
voran und kreiert dabei am Rande des einen schon das nächste
Wort.
Während ihr Kontrahent sich schon über 5, 6 oder 7 Buchstabenpunkte
freut, macht Mutter das Scrabbel erst im zweistelligen Punktebereich Spaß.
Selbst dann, wenn sie mal auf dem Spielbrett ins Hintertreffen kommt, kann man
sicher sein, dass Mutter am Ende mit ihrer Übersicht und Wortfindungsgabe doch
noch als Siegerin vom Platz, Pardon vom Spielbrett, geht. Da gleicht sie Jogi
Löws Fußball-Elf in ihren stärksten Momenten – hoffen wir mal.
Dieser Text erschien am 26. Juni 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Kultur macht stark
Ist Kultur Luxus oder ein Lebensmittel, wie es einst Bundespräsident Johannes Rau formuliert hat? Letzteres haben jetzt die jahrgangsüberg...
-
Der 30. und 31. Januar ist in meinem Kalender rot angestrichen", erzählt Familienforscherin Bärbel Essers. Dass das so ist, hat mit der...
-
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.” Auch dieses Volkslied dürfte die Schildberger Sing- und Spielschar ...
-
Gisela Lentz im Kreise ihrer Gratulanten Gisela Lentz ist ein Fleisch gewordenes Wunder. Auch mit 90 mag sie nicht auf der Couch sitzen...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen