Die drei Preisträger der „Stücke“ wurden gestern bei der von Stefanie Steinberg
verbindlich, feinsinnig und unaufdringlich moderierten Abschluss-Matinee der 43.
Mülheimer Theatertage für ihre Werke gelobt und ausgezeichnet.
Die in der
Stadthalle leibhaftig anwesenden Autoren Thomas Köck und Oliver Schmaering
nahmen den Dramatikerpreis und den Preis der Kinder-Stücke für ihre Stücke
„Paradies spielen. Abendland. Ein Abgesang.“ und: „In dir schläft ein Tier“
persönlich entgegen.
Die menschenscheue Literatur-Nobelpreisträgerin
Elfriede Jelinek bedankte sich mit einer Videobotschaft für den Publikumspreis,
mit dem die Besucher der Theatertage ihr Stück „Am Königsweg“ ausgezeichnet
hatten.
Was die Matinee im Theaterstudio der Stadthalle zu einem Gewinn
machte, waren die inspirierenden Antworten auf die Frage, warum wir in einer
demokratischen und ökonomisierten Leistungsgesellschaft das Theater als einen
kulturellen Kontrapunkt brauchen.
„Mit ihrem virtuosen
schriftstellerischen Können schreibt sie mutig gegen gesellschaftliche Blindheit
und Gleichgültigkeit an. Ihr Werk zeigt, dass wir als Gesellschaft den Diskurs
und die Einsicht brauchen, dass es keine einfache Wahrheiten gibt und dass wir
uns dem politischen Populismus und Extremismus niemals geschlagen geben
dürfen.“, lobte Oberbürgermeister Ulrich Scholten Elfriede Jelinek. Der
designierte Intendant des Bochumer Schauspielhauses, Johann Simons, würdigte sie
in seiner Laudatio als eine Kontrahentin „der populistischen Twitter-Kultur“,
die mit ihren Stücken: „ohne falsche Rücksichten und gegen jede Erwartung allen
eine Stimme gibt, die in unserer Gesellschaft nicht dazu gehören.“ Er lobte ihre
Werke für die Kultivierung des Zweifels, weil erst der Zweifel Menschen zum
Zuhören und damit auch zum demokratischen Diskurs zur Entwicklung von Fragen und
Problemlösungen befähige.
„Er schreibt keine Geschichten, die Eltern
ihren Kindern abends am Bettrand vorlesen würden. Er schreibt wie ein Prophet
und verbindet dabei Zeiten und Ebenen. Er ist kein Unterforderer und nimmt sein
Publikum ernst“, lobte die bereits selbst mit dem Publikumspreis der Stücke
ausgezeichnete Berliner Autorin Felicia Zeller den Kinder-Stücke-Preisträger
Oliber Schmaering.
Während sich Schmaering dem Publikum mit einem
Radio-Feature über die Kultur des Sitzens vorstellte, las der
Dramatikerpreisträger Thomas Köck aus einem Internet-Manifest des
Literaturkollektiv Nazis & Goldmund, das unter anderem die Poesie als Form
des zivilen Widerstandes preist.
Köcks Laudator , der Dramaturg des
Wiener Schauspielhauses, Tobias Schuster, lobte den Dramatikerpreisträger für
die Fähigkeit, „das Persönliche und das Politische durch seine Poesie
miteinander zu verbinden.“
Dieser Text erschien am 25. Juni 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung und in der Westdeutschen Allgemeinen
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