Kürzlich sprach ein Wissenschaftler in der Katholischen Akademie vom Trend zur verlängerten Jugend. Jetzt weiß ich, was er damit meinte. Denn fuhr ein alter Herr fuhr an mir vorbei.
Er tat es nicht im Anzug oder im Benz, sondern mit einem Tretroller und mit einer Base Cape auf dem Kopf.
In unserem Familienalbum schauen mich auf einem alten Foto meine Urgroßeltern im gediegenen Sonntagsstaat an. Sie waren damals jünger, als der alte Herr, der heute an mir vorbeirollte. Doch sie wirken auf diesem Bild ernster und älter.
Hätten man ihnen damals vorgeschlagen, sich die Haare kürzer zu schneiden und in einen Matrosenanzug zu schlüpfen, um jünger auszusehen, hätten sie das empört von sich gewiesen. Damals war man noch stolz auf sein Alter und pflegte seine stattliche Erscheinung. Stattdessen wirken junge Karrieristen in ihrer Kleidung heute, wie verjüngte Vorstandsvorsitzende und Vorstandsvorsitzende wie gealterte Teenager.
Da staunt der Mann in der Lebensmitte und fragt sich, ob er sich jünger oder älter fühlen soll. Die Frage beantwortet seine Mutter, in dem sie ihn wissen lässt: „Hast du schon dein Arbeitszimmer aufgeräumt? Dann kannst du jetzt die Blumen gießen, den Müll runter bringen und einkaufen. Der Einkaufszettel liegt im der Küche.“ Damit sind für ihn alle Fragen geklärt. Egal, wie alt Man(n) ist. Als Sohn beleibt er für seine Mutter immer ein Kind.
Dieser Text erschien am 2. Juli 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung
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