Samstag, 30. Dezember 2017

Zwei Amerika-Kenner schauten in der Katholischen Akademie auf ein Jahr Donald Trump zurück

Auf dem Podium der Wolfsburg: Ruprecht Polenz (links), Klaus Prömpers (Mitte) und Tobias Hennrix.
Ein Jahr, nachdem Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt worden ist, diskutierten Ruprecht Polenz und Klaus Prömpers mit dem Publikum in der Katholischen Akademie über die Anatomie dieser unerwarteten Präsidentschaft. Beide, vom Akademiedozenten Tobias Hennrix moderierten Gesprächspartner sind bekennende Transatlantiker. Als ehemaliger Vorsitzender des Außenpolitischen Bundestagsausschusses und als ehemaliger USA-Korrespondent des Zweiten Deutschen Fernsehens sind der CDU-Politiker und der Journalist mit der Gesellschaft der Vereinigten Staaten von Amerika bestens vertraut.

Beide Podiumsteilnehmer waren sich in ihrer scharfen Kritik an dem 45. Präsidenten der USA einig. Deshalb wurden sie aus dem Publikum auch kritisch hinterfragt, ob sie als Teil der politischen und medialen Elite nicht ein Zerrbild von Trump zeichneten, und ihn wie eine Karnevalsfigur karikierten. „Wir nehmen Herrn Trump sehr ernst und finden ihn gar nicht witzig“, betonte Polenz. Und Prömpers stellte fest: „Ich glaube, dass die Situation in den USA zurzeit sogar noch gefährlicher ist, als sie derzeit in Deutschland und Europa wahrgenommen wird.“
Polenz räumte ein, dass einige seiner amerikanischen Freunde Trump trotz seiner chaotischen Amtsführung und seiner rassistischen und frauenfeindlichen Aussagen „als einen ehrenwerter Mann“ ansehen. „Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass Trump mit 33 Prozent derzeit die niedrigste Zustimmungsquote hat, die ein US-Präsident nach seinem ersten Amtsjahr je hatte“, gab Prömpers zu bedenken. „Auch der ehemalige Schauspieler Ronald Reagan wurde aufgrund seiner extrem konservativen Positionen in Deutschland und Europa sehr kritisch gesehen“, blickte der Journalist, der heute unter anderem aus Ungarn und Österreich berichtet, in die amerikanische Präsidentschaftsgeschichte zurück.

Doch der Unterschied zwischen Trump und Reagan ist aus seiner Sicht, dass der Republikaner Reagan 1981 immerhin mit der politischen Erfahrung eines kalifornischen Gouverneurs ins Weiße Haus eingezogen sei, während mit Trump „ein Immobilien- und Showman ohne politische Erfahrungen“ ins Oval Office eingezogen sei. Mit Blick auf Tumps langjährige und beliebte TV-Lehrlings-Show „The Apprentice“ meinte Klaus Prömpers: „Das wäre so, als wenn die CDU Thomas Gottschalk als ihren Kanzlerkandidaten nominiert hätte. Der deutsche Journalist gab den amerikanischen Medien eine gewisse Mitschuld am Wahlerfolg Trumps, weil sie ihn während des gesamten Wahlkampfes mit seinen extrem polarisierenden Aussagen exponiert in Szene gesetzt hätten. Obwohl es auch in der Bundesrepublik massive Politikerschelte und den Vorwurf der „Lügenpresse“ gebe, sieht Prömpers Deutschland mit seinem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seinen grundsätzlich kooperationsbereiten demokratischen Parteien in einer vergleichsweise stabilen Situation, obwohl er auch hierzulande, ähnliche Populismus-Tendenzen (siehe AFD) wie in den USA sieht.

Für Prömpers spiegelt sich in der Mediennutzung auch die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft wider. Liberale Qualitätsmedien wie CNN, CBS, Washington Post, New York Times. Los Angles Times oder USA Today zeichneten ein kritisches und differenziertes Bild Trumps, während der konservative Fernseh-Sender Fox News oder extrem konservative Radio-Sender und Online-Portale, wie etwa das vom Ex-Trump-Berater Stephen  Bannon geleitete Online-Portal Breit Bart News Network ohne Wenn und Aber die Politik Trumps unterstützten.

Sorge bereitet Ruprecht Polenz vor allem die Krise der Republikanischen Partei, die in den letzten 15 bis 20 Jahren von der rechts-konservativen und radikal-libertären Tea-Party-Bewegung gekapert worden sei. Aber auch die Demokraten sind nach Ansicht von Prömpers, ähnlich wie die SPD, in Deutschland, derzeit ohne konkrete politische Zielvorstellungen unterwegs. „Der Sohn eines amerikanischen Freundes unterstützte im Vorwahlkampf den bekennenden demokratischen Sozialisten Bernie Sanders und stimmte dann nach der Nominierung von Hilary Clinton in der Hauptwahl für Trump“, schilderte Prömpers eine nur auf den ersten Blick absurde Wahlentscheidung. Dass der politisch unerfahrene Trump gegen die als Senatorin und Außenministerin erfahrene Clinton gewinnen konnte, hat aus seiner Perspektive vor allem damit zu tun, „dass Hilary Clinton zu sehe mit der Wall Street verbandelt ist und deshalb eine Symbolfigur des verhassten Polit-Establishments ist, während sich der Milliardär Trump als Anti-Establishment-Kandidat profilieren konnte.“
Aus europäischer Sicht kommt es für Ruprecht Polenz jetzt vor allem darauf an, dass der deutsch-französische Motor Merkel/Marcon die Europäische Union stärken und dynamisieren kann, ohne die weiterhin wichtige Partnerschaft mit den USA aus dem Blick zu verlieren. „Die Vereinigten Staaten von Amerika sind mir als globale Führungsmacht allemal lieber als das kommunistische China“, betonte Polenz.

Und Prömpers wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Trump bisher von den Gegengewichten des Kongresses und des Obersten Gerichtshofes gebremst worden sei. Ob Trump eine ganze Amtszeit durchhält oder vielleicht sogar 2020 wieder gewählt wird, hängt in Prömpers Augen vor allem davon ab, „ob er die neuen Jobs schaffen kann, die er den Amerikanern versprochen hat.“ Denn die überaschende Wahlniederlage Clintons führt Prömpers vor allem darauf zurück, „dass die Demokraten den Kontakt zu ihren Stammwählern aus der Arbeitnehmerschaft und der weißen Mittel- und Unterschicht verloren haben.“ Doch Trumps aktuelle Steuerreformpläne sieht der ehemalige USA-Korrespondent als kontraproduktiv an, „weil sie nur die Reichen und die großen Unternehmen entlasten und die ohnehin schon hohen Staatsschulden der USA weiter steigern werden.“

Zur Person: Klaus Prömpers wurde 1949 in Düsseldorf geboren. Nach seinem Volkswirtschaftsstudium arbeitete er als Journalist bei der Rheinischen Post, beim WDR, beim Deutschlandfunk und zuletzt beim ZDF. Für das ZDF berichtete er unter anderem aus Bonn, Brüssel, Wien und New York. 2014 wurde er pensioniert. Der zweifache Familienvater ist Mitglied des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken.

Ruprecht Polenz lebt in Münster/Westfalen. Der 1946 geborene Jurist war von 1994 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort saß der Christdemokrat von 2005 bis 2013 dem Auswärtigen Ausschuss vor. Im Jahr 2000 berief ihn die Parteivorsitzende Angela Merkel für einige Monate zum Generalsekretär der CDU. Zwischen 1996 und 2006 führte Polenz als Präsident die Atlantische Gesellschaft und gehörte von 2000 bis 2016 dem ZDF-Fernsehrat an. Polenz, der vor seinem Einzug in den Deutschen Bundestag unter anderem als Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Münster tätig war, engagiert sich nicht nur für die transatlantischen Beziehungen, sondern auch als Präsident der Gesellschaft für Osteuropakunde und als Regierungsbeauftragter im Dialog mit Namibia rund um den deutschen Völkermord an den Herero. Außerdem setzt sich der sehr aktive Facebook-Nutzer für den christlich-islamischen Dialog, für humanitäre Hilfe und für das Technische Hilfswerk ein.

Dieser Beitrag erschien am 9. Dezember 2017 im Neuen Ruhrwort

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