Mittwoch, 1. Mai 2019

Der Tag der Arbeit

Wo nach dem Zweiten Weltkrieg zehntausende auf die Straßen gingen, sind es heute nur noch einige 100 Menschen, die auch in Mülheim zu den örtlichen Maikundgebungen kommen. Dabei ist der Problemdruck auf dem Arbeitsmarkt heute anders, aber nicht geringer als vor 70 Jahren.

Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass ein Viertel der Arbeitnehmer in ungesicherten Arbeitsverhältnissen stecken, die letztlich nicht existenzsichernd sind.
Aber auch immer mehr Tarif- und Vollzeitbeschäftigte tun sich schwer angesichts steigender Energie- und Mietkosten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, ohne ihr Einkommen mit steuerfinanzierten Sozialleistungen aufzustocken.

Bundesweit sind im Deutschen Gewerkschaftsbund noch 6 von 43 Millionen Beschäftigten organisiert. In Mülheim sind es noch 15.000 von rund 57.000. Offensichtlich haben die Gewerkschaften, die den Tag der Arbeit seit 1890 begehen, zunehmend ein Problem damit, ihre Organisationsstrukturen und ihren politischen Forderungskatalog dem Strukturwandel unseres zunehmend differenzierten, flexiblen und mobilen Arbeitsmarktes anzupassen. Das Kernproblem besteht darin, dass immer weniger Menschen bereit sind sich organisatorisch zu binden. Auf der anderen Seite haben wir es heute immer weniger mit großen Betrieben und Belegschaften zu tun, die von Gewerkschaften als klassische Arbeitnehmer im Rahmen der Tarifautonomie zu organisieren wären.

Schaut man in die Geschichte des 1. Mais, so waren es interessanter Weise amerikanische Gewerkschaften, die mit ab 1886 mit ihrem Moving Day für die Einführung eines Acht-Stundentages den zunächst "illegalen" Kampftag der Arbeiterschaft begründeten, der ab 1890 auch in Frankreich und Deutschland von wenigen 1000 mutigen Arbeitern mit Arbeitsniederlegungen und dem Risiko ihren Arbeitsplatz zu verlieren, begangen wurde.

Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Gewerkschaften im November 1918 von den Arbeitgebern als Tarifpartner anerkannt und der Acht-Stunden-Tag eingeführt. 1919 führte die Weimarer Nationalversammlung den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag in Deutschland ein. Dieser Schritt wurde aber schon 1920 vom Reichstag wieder rückgängig gemacht.

Ausgerechnet Adolf Hitler und die NSDAP, die für die Zerschlagung der freien Gewerkschaften verantwortlich waren, führten den 1. Mai 1933 wieder als gesetzlichen Feiertag ein. Noch vor den Parteien ließen die Alliierten nach dem Kriegsende 1945 die Gewerkschaften wieder zu. Aus den Erfahrungen der Weimarer Republik heraus, in der die Arbeiterbewegung in politische Richtungsgewerkschaften zersplittert war, gründete sich der Deutsche Gewerkschaftsbund als Einheitsgewerkschaft.

Zu ihren ersten Forderungen gehörten Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Beibehaltung des Achtstundentages, die Einführung eines arbeitsfreien Samstags ("Samstags gehört Papa mir!") und die Durchsetzung der betrieblichen Mitbestimmung. 

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