Manfred von Schwartzenberg (links) und Christian Böckmann |
Mit
einem vorgezogenen Pfarrfest, das am 25. Mai um 17 Uhr mit einem Gottesdienst
in St. Barbara am Schildberg beginnt und am 26. Mai fortgesetzt wird,
verabschiedet die Pfarrgemeinde ihren scheidenden Seelsorger Manfred von
Schwartzenberg und begrüßt ihren neuen Pfarrer Christian Böckmann, der ab dem
1. Juni auch Pfarrer von St. Mariä Himmelfahrt wird. Vor dem Stabwechsel trafen
sich die beiden Geistlichen zum Tischgespräch.
Herr von
Schwartzenberg, mit welchem Gefühl scheiden Sie aus Ihrem Amt und welchen Rat
geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg.
Schwartzenberg: Jeder Abschied fällt schwer. Aber ich
empfinde vor allem Dankbarkeit für eine erfüllte Zeit, in der ich als Priester
alles machen kannte, was und wie ich es wollte. Ich bin dankbar für die vielen,
lieben und aktiven Menschen, auf die auch mein Nachfolger und sein Kollege, der
als Pastor ab 1. September in St. Barbara sein wird, bauen können, wenn sie berücksichtigen,
dass die etwa 200 ehrenamtlich Aktiven in St. Barbara daran gewohnt sind, frei
und selbstständig zu arbeiten.
Pfarrer für zwei sehr
unterschiedliche Pfarrgemeinden mit jeweils rund 16.000 Seelen zu sein, macht
Ihnen diese Aufgabe keine Angst, Herr Böckmann?
Ich habe Manschetten vor meiner neuen Aufgabe. Ich habe auch
noch kein fertiges Konzept. Vieles werde ich erst in der Praxis ausprobieren
und lernen müssen. Aber ich trete mein neues Amt als Doppel-Pfarrer von St.
Barbara und St. Mariä Himmelfahrt auch mit einer gewissen Gelassenheit an, weil
ich weiß, dass es in beiden Pfarrgemeinden sehr selbständige und kompetente
Menschen gibt, die mit ihren unterschiedlichen Begabungen zum Beispiel als
Katecheten, Wortgottesdienst- und Beerdigungsleiter, in der Trauerpastoral oder
auch bei der Verwaltung unserer Immobilien und als Mitglieder der
Kirchenvorstände und der Pfarrgemeinderäte Gemeinde mittragen können. Anders
wird es auch nicht gehen können.
Wie müssen Pfarrer
und Ihre Gemeinden heute auf die Strukturkrise reagieren, in der sich die
katholische Kirche befindet?
Schwartzenberg: Pfarrer können heute nicht mehr so
auftreten, als hätten Sie die Wahrheit gepachtet. Pfarrer und
Gemeindemitglieder müssen glaubwürdig das tun, wohinter sie stehen. Das ist ein
Gebot der seelischen Hygiene. Wir dürfen uns an den unbestreitbaren Problemen
des kirchlichen Lebens nicht festfressen, sondern müssen als Gemeinden immer
wieder die Frohe Botschaft, dass die Liebe Gottes zu den Menschen in Jesus
gegenwärtig geworden ist, in den Blick nehmen und leben.
Böckmann: Wir müssen als Pfarrer und Gemeindemitglieder noch
stärker als bisher miteinander und zusammen Christen sein und dabei eine
Großzügigkeit entwickeln, die auch mögliche Fehler verzeiht. Wenn alte
Strukturen zerbrechen, kann das auch zu neuen Chancen und Freiräumen führen.
Wir dürfen über alle Strukturdebatten die Freude am Glauben und die Begegnung
und Gemeinschaft nicht vergessen, die Kirche stiften kann.
Zwingt der akute
Priestermangel in der katholischen Kirche nicht zur Aufgabe des
Pflichtzölibates?
Böckmann: Für uns als Kirche muss es darum gehen,
sicherzustellen, dass wir auch weiter die Sakramente feiern können. Und
vielleicht ist der Priestermangel ja auch ein Fingerzeig des Heiligen Geistes,
der uns darauf hinweist, dass der Pflichtzölibat für den Zugang zum Priesteramt
nicht erforderlich ist. Ich kenne viele verheiratete Theologen und Frauen, die
mit dem Charisma der Seelsorge begabt sind und denen ich das Priesteramtes
sofort zutrauen würde.
Schwartzenberg: Mein Eindruck ist, dass unser Ruhrbischof
Franz-Josef Overbeck in dieser Frage nicht blind ist. Er sieht und weiß, was
kommen wird.
Wie kann die Kirche
die durch die Missbrauchsfälle im Priesteramt entstandene Existenzkrise
überleben?
Böckmann: Menschliches Versagen wird uns immer begleiten.
Aber wir müssen die Opfer konsequent in den Blick nehmen, und das nicht nur mit
Lippenbekenntnissen, sondern mit Taten.
Schwartzenberg: Die Leitung des Bistums ist das Thema des
Missbrauchs mit großer Offenheit angegangen und ich kann die Verantwortlichen
nur ermutigen, diesen Weg weiterzugehen.
Wie kann eine
kleinere Kirche in einer pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft ihre
soziale und geistliche Relevanz bewahren?
Schwartzenberg: Die Kirche braucht das Feuer der Liebe. Sie
muss kompromisslos für die Wertschätzung des Menschen eintreten und ihm
Antworten auf seine existenziellen Fragen geben: Woher komme ich und wohin gehe
ich?
Böckmann: Die Kirche darf sozialpolitisch nicht schwächeln.
Sie muss den Menschen klar machen, was sie von der Wiege bis zur Bahre etwa in
Kindertagesstätten, Familienbildungsstätten, in der Jugendarbeit, bei der
Caritas, in Krankenhäusern und Pflegeheimen oder in der Trauerpastorale
leistet. Der Weckruf des Papstes: „Diese Wirtschaft tötet“ mahnt und motiviert
uns kompromisslos dafür einzutreten, dass die Würde des Menschen nicht den
Erfordernissen einer ökonomisierten Gesellschaft geopfert werden darf.
Zur Person:
Der 1971 zum Priester geweihte Manfred von Schwartzenberg
feiert am 20. Mai seinen 75. Geburtstag. Bevor er 1992 Pfarrer von St. Barbara
wurde, war der 1971 zum Priester geweihte Theologie als Seelsorger in
Gelsenkirchen und Mülheim sowie als Militärseelsorger in Augustdorf und Bonn
tätig. Zwischen 1993 und 2007 war er Mülheimer Stadtdechant. Sein Nachfolger
als Pfarrer von St. Barbara ist der 1962 geborene und 1990 zum Priester
geweihte Christian Böckmann. Böckmann ist noch bis zum 1. Juni Diözesanbeauftragter
für die Krankenhausseelsorge und seit einem Jahr Pfarradministrator in St.
Mariä Himmelfahrt. Seine ersten 20 Priester-Jahre verbrachte er in St. Urbanus
(Gelsenkirchen).
Dieser Text erschien am 18. Mai 2019 im Neuen Ruhrwort
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