„So lange wir noch am Leben
sind“ singt Blau-Weiß-Präsident Thomas Straßmann, ehe die KG Wagaschei mit elf
Schüssen aus ihrer Konfettikanone das
Signal zum Rathaussturm gibt. Es ist 11.11 Uhr, als die beiden
Stadtprinzessinnen Martina und Dana, eskortiert vom Musikzug der Roten Funken
und von den Möhnen um Elli Schott sich auf den Weg machen, um Oberbürgermeister
Ulrich Scholten und die Stadtschlüssel aus dem Rathaus herauszuholen.
Derweil leitet
Bürgermeisterin Ursula Schröder die erste Schunkelrunde ein und lässt den
Musikzug der KG Blau Weiß aufspielen. Einige Karnevalistinnen sorgen für das
leibliche Wohl der etwa 200 Jecken, die bei besten Wetterbedingungen den Start
in die Tollen Tage feiern. „So ein Wetter könnten wir am Rosenmontag auch gut
gebrauchen“, findet nicht nur Ursula Schröder.
Doch auch das schöne Wetter
lässt Oberbürgermeister Ulrich Scholten seinem vorgesehenen Schicksal nicht
entrinnen. Bei einem Steckenpferdrennen mit Stadtrprinz Johannes, bei dem die
beiden jecken Jockeys einen Parcours bewältigen und Bälle aus dem Publikum in
einem Korb aufsammeln müssen, hat das Stadtoberhaupt das Nachsehen und muss die
Stadtschlüssel abgeben.
Die Möhnen kostümieren den
besiegten Verwaltungschef als „Rathausclown“ und tragen ihm auf, in seiner
neuen Rolle in Kindertagesstätten, Pflegeheimen und beschützenden Einrichtungen
für gute Laune zu sorgen. Natürlich büßt der OB auch seinen Schlips ein. Doch
die beiden Stadtprinzessinnen scheinen die einzigen närrischen Frauen auf dem
Rathausmarkt zu sein, die eine Schere dabei haben, um das närrische Mannsvolk
schlipstechnisch zu beschneiden.
Der entmachtete OB übt sich
derweil in heiterer Gelassenheit. Er steigt in die Bütt und erklärt Mülheim
kurzerhand zur „närrischen Umweltzone, in die nur Menschen hineindürfen, die
Jeck und kostümiert sind.“
Derweil wissen die zum Teil als
Teufelsweiber, Clownsfrauen und Flower-Power-Frauen verkleideten närrischen
Weiber auch, was für die neuen Regentinnen bis Veilchendienstag zu tun ist. Die
Wünsche des jecken Weibsvolkes reichen von der Rücknahme der 39-prozentigen
Grundsteuererhöhung über das Verlangen nach einem preiswerten und pünktlichen
Nahverkehr bis hin zur Vision einer attraktiven Innenstadt mit Freigetränken
und kostenfreien Parkplätzen für Frauen.
Viele Frauen hätten sich
noch mehr närrische Frauenpower auf dem Rathausmarkt und wie im Vorjahr eine
Karnevalsparty im Rathausfoyer gewünscht. „Das war irgendwie gemütlicher“, hört
man nicht nur einmal. Dass trotz guter Wetterbedingungen nicht noch mehr
närrisch gesonnene Frauen und Männer am Weiberfastnachtsdonnerstag zum Rathaus
gekommen sind, hat auch damit zu tun, dass zeitgleich auf dem Pastor-Luhr-Platz
in Saarn auch eine Altweiberparty gefeiert wird. Dort hin „zieht es auch die
Tollitäten nach ihrem Bühnenauftritt auf dem Rathausmarkt. „Viele der Närrinnen
sind älter und träger geworden“, sagt eine von ihnen. „Stadtprinzessin Martina
hat genug Power, um den Leuten zu zeigen wie schön es sein kann, gemeinsam den
Karneval zu feiern und die Sorgen des Alltags einmal zu vergessen. Jetzt muss
nur noch die Lokalpresse mehr Werbung für den Karneval machen“, findet eine
ihrer närrischen Schwestern.
Wird gemacht. Deshalb:
Jecken, aufgepasst. Am 1. März feiert die Ruhrgarde um 20 Uhr in der Stadthalle.
Am 2. März sind die Narren um 11.11 Uhr beim Biwak vor dem Forum los. Und am
Samstagabend wird, jeweils ab 19.11 Uhr, bei der KG Blau Weiß im Altenhof an
der Kaiserstraße 6 und mit der MüKaGe und den Gemeinden Mariae Rosenkranz und
Engelbert im Autohaus Extra an der Fritz-Thyssen-Straße 6 in Dümpten gefeiert.
Und last, but not least startet der Rosenmontagszug um 14.11 Uhr in der
Stadtmitte, ehe der Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval und die KG Blau Weiß
ab 17 Uhr zur After-Zug-Party in den Altenhof und ins Frankys am Broicher
Ruhrufer einladen.
Dieser Text erschien am 1. März 2019 im Lokalkompass
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