„Kamelle und Helau“, hieß es auch beim Rosenmontagszug 2019,
der unter glimpflichen Wetterbedingungen durch die Innenstadt rollte. Doch was
am Straßenrand auffiel. Die klassischen Kamelle werden meistens liegen
gelassen, während Bälle, Schokoriegel, Plüschtiere, kleine Kartoffelchipstüten
und Popkornbeutel bei den kleinen und großen Rosenmontagszugfängern heiß
begehrt waren. So mancher machte an der Zugstrecke aus der Not eine Tugend und
nutzte seinen Regenschirm mal so und mal so. Nach Angaben des Hauptausschusses
Groß Mülheimer Karneval kamen in diesem Jahr rund 30.000 Menschen zum
Rosenmontagszug. Das Deutsche Rote Kreuz musste an der Zugstrecke drei
Verletzte behandeln. Deren Schnitt- und Kopfverletzungen bezeichnete
DRK-Einsatzleiter Martin Meier als „nicht dramatisch.“ Ein gutes Ende nahm der
Rosenmontagszug auch für drei kleine Kinder, die im Zuggetümmel ihre Eltern
verloren hatten und deshalb nach dem Zug von der Polizei nach Hause gebracht
werden mussten.
„Dank der Aktiven aus unseren Gesellschaften und mit
Unterstützung unserer Sponsoren und der Mülheimer Hilfsorganisationen Deutsches
Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk und Polizei ist es ein wirklich toller Rosenmontagszug
geworden, dessen Organisation so abgelaufen ist wie man sich das wünscht“, zog
Hauptasschuss-Präsident Markus Uferkamp eine positive Bilanz des erstmal von
Reiner Bleier geleiteten Rosenmontagszug. „Wetter gut. Alles gut. Wir haben
einen Rosenmontagszug erlebt, dessen Erinnerung uns ein leben lang begleiten
wird“, sagten Stadtprinz Johannes II. und Stadtprinzessin Martina I. stellvertretend
für sein Tollitäten-Team. „Wir hatten genug Wurfgut an Bord und es hat wirklich
Spaß gemacht in so viele fröhliche Gesichter zu schauen“, fanden
Kinderprinzessin Dana I. und Kinderprinz Marcel I.
Wenn auch viele Jecken sich für das wettertechnisch wärmere
Straßenzivil entschieden hatten, bot der Rosenmontagszug auch diesmal ein
kostümtechnisch buntes Bild. Die Klassiker Cowboy, Indianer, Matrosen, Hexen,
Piraten, Clowns, Teufelsweib waren ebenso an der Strecke zu sehen wie echte
Hingucker. Da entpuppte sich die Dame mit dem topfähnlichen Antennenhelm auf
dem Kopf als Außerirdische. Da tummelten sich an der Kaiserstraße Drachen und
Flamingos. Und mache närrischen Tierfreunde kamen als Hasen, Kühe, Tiger, Esel,
Schafe oder Katzen im Partner- oder gar im Familienlook daher. Sage mir wie du
dich verkleidest und ich sage dir, wer du bist. In einem besonders sehenswerten
Kostüm ging Dirk Wiesel als ganz großes Küken im Zug der sogenannten Kükengarde
der KG Blau Weiß voran, die den Zug mit Musik, Hallo und Helau am Altenhof
begrüßte.
Einen echten Farbtupfer verpassten auch die Mitläufer und
Mitfahrer aus dem Fliednerdorf dem Rosenmonatagszug, die nicht nur hoch auf dem
Wagen der Röhrengarde, sondern auch als Fußgruppe unter anderem als Meerwesen
im Zug mit von der närrischen Partie waren. Eine schöne Idee hatten auch die 24
Mitglieder des Rote-Funken-Musikzuges, die im Jahre nach dem Aus der deutschen
Steinkohleförderung als Bergleute im Zug mit. Vor allem der schwarze
Kohlenstaub im Gesicht machte den Kumpel-Effekt perfekt. „Das ist echte
Grillkohle“, verriet Corpsführer Dirk Filipiak die Schminktricks der
Funken-Musiker.
Unverhoffte Verstärkung hatte der Rosenmontagszug in letzter
Minute aus Bottrop bekommen, wo der Rosenmontagszug wetterbedingt abgesagt
worden war. „Wir sind happy, dass Zugleiter Reiner Bleier Ja gesagt hat und wir
mit unserem Planwagen und unserem Wurfgut in Mülheim mitfahren können“, freute
sich die Vorsitzende des 1. Tanzsportvereins Bottrop, Claudia Adams, die mit 40
Tanzgardistinnen an den Sportstätten Aufstellung genommen hatte, ehe es
pünktlich um 14.11 Uhr unter den Klängen von: „Am Rosenmontag bin ich geboren“
los ging.
Mit im Zug fuhren auch vier Motivwagen, die die
Dauerbaustelle des eingerüsteten Tersteegenhauses, die zu kurz geratene
Thyssenbrücke, die Plastikschwemme in den Ozeanen und den internationalen
Terrorismus aufs Korn nahmen. „So groß die Spinne des Terrorismus auch sei.
Beim Karneval sind wir dabei“ und: „So viel Plastik kann kein Meer mehr
schlucken“, konnte man da lesen. Echte Hingucker waren auch die Prinzenwagen.
Die großen Tollitäten kamen in einem Wasserbahnhof, nebst Schiff der Weißen
Flotte daher. Und für das Kinderprinzenpaar hatten die Wagenbauer des Hauptausschusses
Groß-Mülheimer Karneval einen Wagen gebaut, der an eine bunte Geburtstagstorte
erinnerte und die Mülheimer Landmarken wie den Broicher Wasserturm mit der
Camera Obscura und den Bismarckturm oder die Hochhäuser am Hans-Böckler-Platz
ins Bild setzte. Die fleißigen Wagen des Hauptausschusses Groß-Mülheimer
Karneval, Jörg Schwebig, Wolfgang Durgeloh und Udo Bohnenkamp räumten mit ihren
Prinzenwagen und ihren Motivwagen zur Thyssen-Brücke und zum Plastik in den
Weltmeeren alle drei Ehrenpreise für die von den Gesellschaftsvertretern
gewählten besten Rosenmontagswagen ab.
Ins Bild passte auch, dass so mancher geschäftstüchtige Jeck
mit Getränkeständen, Brezelwagen und Berliner-Ballen-Verkauf die Gunst der
närrischen Stunde nutzte, um von der Karnevalskonjunktur ein wenig zu
profitieren. Die letzte Gruppe des Rosenmontagszuges bildeten auch diesmal die
Mitarbeiter der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft, die mit ihren Müllwagen und
Kehrmaschinen den Rest vom Karnevalsfest von der Straße kehrten. Denn auch diesmal
hatten manche Jecken, frei nach dem Motto: „Wir sind alle kleine
Umwelt-Sünderlein“ ihren Fang noch an Ort und Stelle vernaschten und den
Verpackungsmüll auf der Straße liegen ließen.
Dieser Text erschien am 4. März 2019 im Lokalkompass der Mülheimer Woche
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