Montag, 4. März 2019

Wie in einer rheinischen Karnevalshochburg


Das Wort Karnevalsfestival war nicht übertrieben. Die Ruhrgarde feierte zum Auftakt des Karnevalswochenendes am Freitagabend mit einem Programm der Extra-Klasse, das 500 Jecken im ausverkauften Festsaal der Stadthalle von den Stühlen holte und nicht nur zum Zuschauen, sondern zum Mitmachen motivierte. Da wurde wie in einer rheinischen Karnevalshochburg mitgesungen und mitgeschunkelt. Da waren nicht nur Büttenrednerin Annette Eßer, alias Agnes Kasulke und die Karnevalsmusiker der Band Dröpkes begeistert.

Begeistert war das närrische Publikum auch von den sinnlichen und farbenfrohen Tanzshows der kleinen und der großen Ruhrgarde, die Glamour auf die Bühne brachten. Vier Stunden Programm vergingen wie im Flug und waren keine Minute langweilig. Dafür sorgten auch die fantastischen Zauberkünste eines Stan Magic, die verrückte Tanzshow der Dolls Company und das ebenso schön anzuhörende wie anzuschauende Musik- und Tanzcorps der blau-gelben Husaren von 1925. Das waren Sternstunden des Mülheimer Sitzungskarnevals.

Wäre doch schon Rosenmontag. Dieser närrische Gedanke dürfte wohl allen Jecken durch den Kopf gegangen sein, die am Samstag vor dem Forum mit den Karnevalisten deren Biwak feierten. Frisch, trocken und sonnig. Da fiel den Tanzgardistinnen und Tollitäten das Tanzen auf der Bühne am Kurt-Schumacher-Platz nicht schwer. Das galt auch für die Musiker der Roten Funken, die die Karnevalshitparade rauf und runter spielten. Helmut Klammer von der Werbegemeinschaft des Forums sprach von „Gänsehautgefühlen“ und übte sich in heiterem Zweckoptimismus. „Das Wetter hält sich jetzt bis Rosenmontag 17 Uhr!“

Ein ungewohntes Bild bot sich beim Tanzauftritt der großen Tollitäten. Stadtprinzessin Martina fehlte beim Biwak. Ihre Stimme kam nur vom Band. Sie musste erkältungsbedingt beim Freiluftkarneval pausieren. Keine Pause gönnten sich Hauptausschuss-Geschäftsführer Hans Klingels und Schatzmeisterin Annette Stachelhaus, um die letzte der 18.000 Rosenmontagslose noch unters närrische Volk zu bringen.

Am Samstagabend zeigte beim Gemeindekarneval Firlefanz im Engelkranz und bei der Prunksitzung der KG Blau Weiß die ganz Kreativität der Kostümpalette vom Clown und Cowboy über den Papagei und die Charleston-Schönheit bis zur Schottin und diversen Seeleuten.

Obwohl die Gastgebergemeinschaft aus MüKaGe, St. Engelbert und St. Mariae Rosenkranz wenige Wochen vor der gemeinsamen Veranstaltung aus dem zugesagten Saal der Styrumer Union ausgeladen worden war, schaffte sie es mit Hilfe des karnevalistischen Netzwerkes und seinem Unterstützer Jörn Backhaus vom Autohaus Extra mit etwa 250 Jecken im Automobilsalon an der Fritz-Thyssen nicht nur die kleinen und großen Gardistinnen der MüKaGe, sondern auch ein Männerballett und die Dancing Roses tanzen zu lassen. Das war einfach schön anzusehen und ließ die Herzen der Narren höherschlagen. Aber auch die Fraktion Wortwitz ließ von sich hören. Renate Schlusen und Dieter Surbania begeisterten ihr Publikum als Lotti & Jupp, in dem sie sich nicht nur die Bälle zuspielten, sondern aus der technischen Not eine Tugend machten und sich kurzerhand auch das Mikrofon teilten. Die Lacher auf ihrer Seite hatten auch Pfarrer Michael Manz und seine Kirchenkabarettisten Gabi Füüngerlings, Bettina Schälling-Paschert und Frank Dohaine aus der Styrumer Immanuelkirche, die sich als pensionierte Pfarrer darüber ausließen wie sie zu ihren aktiven Zeiten mit ihren genialen Predigten ganze Heerscharen von Gläubigen in ihre Kirchen geholt hätten. Wer es glaubt wird selig und lacht. Lachen konnten die frommen und fröhlichen Jecken auch über die satirischen Spitzen des bekanntlich nicht auf den Mund gefallenen Engelbert Pastors Michael Clemens, der unter anderem die politischen Ränkespiele im Rathaus bissig aufs Korn nahm.

Aufs Korn nahm bei den 350 blau-weißen Jecken im ausverkauften Altenhof Büttenrednerin Ingrid Kühne ihren nur bedingt alltagstauglichen Ehemann Ralf. Auch die Herrn im Saal hatten ihren Spaß und nahmen die Spitzen gegen ihr Geschlecht mit Humor und einem Hauch von Selbsterkenntnis. Nicht nur für Frau Kühne, sondern auch für die sehr jungen, jungen und reifen Tanzgarden der Blau Weiß und last, but not least für die blau-weiße Prinzengarde aus Düsseldorf und die genial und urkomischen performenden Tanzbienen aus Aachen galt am Samstagabend: Die blau-weiße Narrenfamilie ließ niemanden ohne eine Zugabe von der Bühne. Darüber hinaus ehrten die Karnevalisten zur Feier des Tages ihre Kartenverkäuferin Birgit Straßmann, die zum 11. Mal aufgetretenen Tanzbienen und ihren Gastronomen Jörg Thon. Auch der Organisator des Gemeindekarnevals Firlefanz im Engelkranz, Rolf Völker, durfte sich am Samstagabend über die Auszeichnung mit einem Verdienstorden des Bund Ruhrkarnevals freuen.


Dieser Text erschien am 4. März in NRZ & WAZ

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wo die Kumpel zuhause waren

  Der Mülheimer Bergbau ist Geschichte. 1966 machte mit Rosen Blumen gelle die letzte Zeche dicht Punkt Mülheim war damals die erste Bergbau...