Das Wort Karnevalsfestival war nicht übertrieben. Die
Ruhrgarde feierte zum Auftakt des Karnevalswochenendes am Freitagabend mit
einem Programm der Extra-Klasse, das 500 Jecken im ausverkauften Festsaal der
Stadthalle von den Stühlen holte und nicht nur zum Zuschauen, sondern zum
Mitmachen motivierte. Da wurde wie in einer rheinischen Karnevalshochburg
mitgesungen und mitgeschunkelt. Da waren nicht nur Büttenrednerin Annette Eßer,
alias Agnes Kasulke und die Karnevalsmusiker der Band Dröpkes begeistert.
Begeistert war das närrische Publikum auch von den
sinnlichen und farbenfrohen Tanzshows der kleinen und der großen Ruhrgarde, die
Glamour auf die Bühne brachten. Vier Stunden Programm vergingen wie im Flug und
waren keine Minute langweilig. Dafür sorgten auch die fantastischen
Zauberkünste eines Stan Magic, die verrückte Tanzshow der Dolls Company und das
ebenso schön anzuhörende wie anzuschauende Musik- und Tanzcorps der blau-gelben
Husaren von 1925. Das waren Sternstunden des Mülheimer Sitzungskarnevals.
Wäre doch schon Rosenmontag. Dieser närrische Gedanke dürfte
wohl allen Jecken durch den Kopf gegangen sein, die am Samstag vor dem Forum
mit den Karnevalisten deren Biwak feierten. Frisch, trocken und sonnig. Da fiel
den Tanzgardistinnen und Tollitäten das Tanzen auf der Bühne am
Kurt-Schumacher-Platz nicht schwer. Das galt auch für die Musiker der Roten
Funken, die die Karnevalshitparade rauf und runter spielten. Helmut Klammer von
der Werbegemeinschaft des Forums sprach von „Gänsehautgefühlen“ und übte sich
in heiterem Zweckoptimismus. „Das Wetter hält sich jetzt bis Rosenmontag 17
Uhr!“
Ein ungewohntes Bild bot sich beim Tanzauftritt der großen
Tollitäten. Stadtprinzessin Martina fehlte beim Biwak. Ihre Stimme kam nur vom
Band. Sie musste erkältungsbedingt beim Freiluftkarneval pausieren. Keine Pause
gönnten sich Hauptausschuss-Geschäftsführer Hans Klingels und Schatzmeisterin
Annette Stachelhaus, um die letzte der 18.000 Rosenmontagslose noch unters
närrische Volk zu bringen.
Am Samstagabend zeigte beim Gemeindekarneval Firlefanz im
Engelkranz und bei der Prunksitzung der KG Blau Weiß die ganz Kreativität der
Kostümpalette vom Clown und Cowboy über den Papagei und die
Charleston-Schönheit bis zur Schottin und diversen Seeleuten.
Obwohl die Gastgebergemeinschaft aus MüKaGe, St. Engelbert
und St. Mariae Rosenkranz wenige Wochen vor der gemeinsamen Veranstaltung aus
dem zugesagten Saal der Styrumer Union ausgeladen worden war, schaffte sie es
mit Hilfe des karnevalistischen Netzwerkes und seinem Unterstützer Jörn
Backhaus vom Autohaus Extra mit etwa 250 Jecken im Automobilsalon an der
Fritz-Thyssen nicht nur die kleinen und großen Gardistinnen der MüKaGe, sondern
auch ein Männerballett und die Dancing Roses tanzen zu lassen. Das war einfach
schön anzusehen und ließ die Herzen der Narren höherschlagen. Aber auch die
Fraktion Wortwitz ließ von sich hören. Renate Schlusen und Dieter Surbania
begeisterten ihr Publikum als Lotti & Jupp, in dem sie sich nicht nur die
Bälle zuspielten, sondern aus der technischen Not eine Tugend machten und sich
kurzerhand auch das Mikrofon teilten. Die Lacher auf ihrer Seite hatten auch
Pfarrer Michael Manz und seine Kirchenkabarettisten Gabi Füüngerlings, Bettina
Schälling-Paschert und Frank Dohaine aus der Styrumer Immanuelkirche, die sich
als pensionierte Pfarrer darüber ausließen wie sie zu ihren aktiven Zeiten mit
ihren genialen Predigten ganze Heerscharen von Gläubigen in ihre Kirchen geholt
hätten. Wer es glaubt wird selig und lacht. Lachen konnten die frommen und
fröhlichen Jecken auch über die satirischen Spitzen des bekanntlich nicht auf
den Mund gefallenen Engelbert Pastors Michael Clemens, der unter anderem die
politischen Ränkespiele im Rathaus bissig aufs Korn nahm.
Aufs Korn nahm bei den 350 blau-weißen Jecken im ausverkauften
Altenhof Büttenrednerin Ingrid Kühne ihren nur bedingt alltagstauglichen
Ehemann Ralf. Auch die Herrn im Saal hatten ihren Spaß und nahmen die Spitzen
gegen ihr Geschlecht mit Humor und einem Hauch von Selbsterkenntnis. Nicht nur
für Frau Kühne, sondern auch für die sehr jungen, jungen und reifen Tanzgarden
der Blau Weiß und last, but not least für die blau-weiße Prinzengarde aus
Düsseldorf und die genial und urkomischen performenden Tanzbienen aus Aachen
galt am Samstagabend: Die blau-weiße Narrenfamilie ließ niemanden ohne eine
Zugabe von der Bühne. Darüber hinaus ehrten die Karnevalisten zur Feier des
Tages ihre Kartenverkäuferin Birgit Straßmann, die zum 11. Mal aufgetretenen
Tanzbienen und ihren Gastronomen Jörg Thon. Auch der Organisator des Gemeindekarnevals
Firlefanz im Engelkranz, Rolf Völker, durfte sich am Samstagabend über die
Auszeichnung mit einem Verdienstorden des Bund Ruhrkarnevals freuen.
Dieser Text erschien am 4. März in NRZ & WAZ
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