Dieser Text erschien am 1. März 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung
Sonntag, 3. März 2019
Das geht ja gar nicht
Also, liebe Möhnen. Das geht ja nun gar nicht. Da stehe ich gestern beim Rathaussturm mit meiner schillernsten Krawatte zwei geschlagene Stunden auf dem Rathausmarkt und keine Möhne kommt vorbei, um mir meinen zur Feier des närrischen Tages angelegte Schlips abzuschneiden, geschweige denn mich zu bützen. Ich wollte das schon auf mich beziehen. Doch meinen Geschlechtsgenossen, Pfarrer Michael Manz und dem FDP-Ratsherrn Peter Beitz ging es genauso. Drei Männer mit Krawatte und keine närrische Frau mit einer Schere weit und breit. O-Ton Michael Manz: "Langsam fühle ich mich richtig diskriminiert." O-Ton Peter Beitz: "Ich hoffe, die Damen denken nicht, dass ich jeden Tag mit so einer schrillen Krawatte durch die Gegend laufe." Mann musste der Tatsache ins Auge schauen, dass die beiden Stadtprinzessinnen Martina und Dana offensichtlich die einzigen weiblichen Wesen mit Schere waren, die gestern den Weg zum Rathausmarkt gefunden hatten. Aber die beiden ranghöchsten Närrinnen hatten ja alle Hände voll damit zu tun, dem Oberbürgermeister seinen Schlips abzuschneiden, da ihre Schere offensichtlich stumpf war. Meine Gott, liebe Möhnen. Das kann doch nicht wahr sein, dass in unserer Stadt nicht nur die Schere zwischen Arm und Reich, sondern auch die Schere zwischen närrischem Anspruch und närrischer Wirklichkeit immer weiter auseinander geht. Also, liebe Möhnen. Ich packe jetzt meinen bunten Schlips wieder ein. Doch Weiberfastnacht 2020 hole ich ihn wieder raus und stehe mit ihm beim Möhnensturm auf dem Rathausmarkt. Und wenn ich dann nicht von der närrischen Weiblichkeit gebützt und krawattentechnisch beschnitten werde, dann fühle ich mich wirklich auf den Schlips getreten.
Dieser Text erschien am 1. März 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung
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