Dienstag, 29. Januar 2019

Eine besondere Beziehungsarbeit


Vor 45 Jahren gründete sich in den Städten Duisburg, Mülheim und Oberhausen eine Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Im Gespräch erläutert ihr Vorsitzender Markus Püll Arbeitsschwerpunkte und Selbstverständnis der regionalen DIG.

Warum brauchen wir eine Deutsch-Israelische Gesellschaft, wenn es auch schon eine Gesellschaft für den christlich-jüdischen Dialog gibt?

Püll: Wir möchten allen Menschen Israel und Deutschland näherbringen, auch jenen, die sich nicht religiös gebunden fühlen. Wir verstehen unsere Arbeit als Versöhnungsarbeit und wollen damit gerade auch junge Menschen erreichen, um den leider immer noch aktuellen antisemitischen Strömungen in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken.



Was macht Ihre Gesellschaft für Jugendliche?

Püll: Wir gehen in Schulen und berichten über unsere Erfahrungen in und mit Israel. Die Schüler hören sehr interessiert zu, vor allem wenn unser Vorstandsmitglied Günter Reichwein über seine Erfahrungen berichtet, die bis in die 60er Jahre zurückreichen, als er als Student erstmals Israel besuchen konnte. Da er das Land seitdem immer wieder bereist, kann er auch über die Entwicklung der israelischen Gesellschaft und der deutsch-israelischen Beziehungen authentisch berichten. Hinzu kommt unsere Israel-Reise, bei der 18 Schüler aus Duisburg, Essen und Mülheim 2017 die israelische Gesellschaft erleben konnten. Nicht nur der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, das Gespräch mit UN-Blauhelm-Soldaten auf den Golan-Höhen hat die Schüler beeindruckt, Im Gespräch mit gleichaltrigen Israelis staunten sie darüber, dass ihre Altersgenossen ganz selbstverständlich und ohne Murren einen dreijährige Wehrpflicht in der israelischen Armee leisten.



Verstehen Sie sich auch als politische Lobby für die israelische Regierung und ihre umstrittene Politik?

Püll: Es gibt 56 deutsche Arbeitsgemeinschaften der DIG, von denen wir eine sind. Da gibt es ein ganz breites Meinungsspektrum. Grundsätzlich sagen wir als DIG, dass man sich unter Freunden auch die Wahrheit sagen kann. Und dazu gehört, dass wir nicht mit allem einverstanden sind, was die israelische Regierung tut. Das gilt natürlich auch für die Israelis selbst. Ich bin überzeugt, dass es im Nahen Osten nur mit einer Zweitstaatenlösung und einer gerechten Wasserversorgung Frieden geben wird.


Welchen Zugang haben Sie als DIG zu israelischen Persönlichkeiten?

Püll: Einen sehr guten. Da stehen uns alle Wege offen. Der israelische Botschafter in Deutschland lädt uns jedes Jahr zum israelischen Unabhängigkeitstag ein. Und am 25. Februar werden wir um 18 Uhr im Jüdischen Gemeindeszentrum im Innenhafen eine israelische Journalistin Jenny Havemann zu Gast haben, die uns mit Blick auf die israelische Parlamentswahl am 29. April über die gesellschaftspolitische Lage in Israel berichten wird.



Wie groß ist das Interesse für Ihre Kultur- und Informationsveranstaltungen?

Püll: Es gibt einen harten Kern von rund 100 Mitgliedern und Sympathisaneten der DIG, die in einem regen Austausch miteinander stehen. Ansonsten ist das Interesse immer vor der jeweils aktuellen politischen Lage und Medienberichterstattung abhängig.



Wie gut ist Ihr Kontakt zur Jüdischen Gemeinde?

Püll: Sehr gut. Wir kooperieren eng miteinander. Das war auch bei unserer Jubiläumsfeier im Duisburger Ratssaal so. Wir halten unsere Mitgliedsversammlungen im Jüdischen Gemeindezentrum ab und pflegen bei dieser Gelegenheit einen regen Informations- und Meinungsaustausch.



Weshalb engagieren Sie sich in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft?

Püll: Ich bin seit meinem 15. Lebensjahr politisch interessiert und engagiert. Mein Vater war Landtagsabgeordneter und mein Großvater gehörte zu den Kriegsgefangenen, die durch Konrad Adenauers Einsatz 1955 aus der Sowjetunion nach Deutschland zurückkehren konnten. „Du musst dich engagieren, damit so etwas wie Diktatur und Krieg nie wieder möglich werden, hat mir mein Großvater mit auf den Weg gegeben. Und mein 1927 geborener Vater hatte in seiner Kindheit einen jüdischen Freund, der mit seinen Eltern ein Opfer des Holocaust geworden ist. Vor diesem Hintergrund habe ich mich 1993 auch für das Zustandekommen der deutsch-israelischen Städtepartnerschaft Mülheim/Kfar Saba eingesetzt und kam so zur Deutsch-Israelischen Gesellschaft, deren Vorsitzender ich seit 15 Jahren sein darf.


Welche Zukunftsprojekte bewegen Sie und ihre Mitstreiter in der DIG?

Püll: Das wichtigste Ziel ist es, dass wir als Deutsch-Israelische Gesellschaft weiterhin einen guten Kontakt zu allen gesellschaftlichen Gruppen und vor allem zu den Schulen behalten und diese Kontakte ausbauen können. Außerdem würden wir die Regionalgruppe gerne um Essen erweitern. Denn Essen hat nicht nur das Kulturzentrum der Alten Synagoge, sondern auch die sehr attraktive Partnerstadt Tel Aviv. Und wenn wir Geldgeber finden, werden wir auch wieder eine Schülerreise nach Israel anbieten.

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