Vor 45 Jahren gründete sich in den Städten Duisburg, Mülheim und Oberhausen eine Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Im Gespräch erläutert ihr Vorsitzender Markus Püll Arbeitsschwerpunkte und Selbstverständnis der regionalen DIG.
Warum brauchen
wir eine Deutsch-Israelische Gesellschaft, wenn es auch schon eine Gesellschaft
für den christlich-jüdischen Dialog gibt?
Püll: Wir
möchten allen Menschen Israel und Deutschland näherbringen, auch jenen, die
sich nicht religiös gebunden fühlen. Wir verstehen unsere Arbeit als
Versöhnungsarbeit und wollen damit gerade auch junge Menschen erreichen, um den
leider immer noch aktuellen antisemitischen Strömungen in unserer Gesellschaft
entgegenzuwirken.
Was macht Ihre
Gesellschaft für Jugendliche?
Püll: Wir gehen
in Schulen und berichten über unsere Erfahrungen in und mit Israel. Die Schüler
hören sehr interessiert zu, vor allem wenn unser Vorstandsmitglied Günter
Reichwein über seine Erfahrungen berichtet, die bis in die 60er Jahre
zurückreichen, als er als Student erstmals Israel besuchen konnte. Da er das
Land seitdem immer wieder bereist, kann er auch über die Entwicklung der
israelischen Gesellschaft und der deutsch-israelischen Beziehungen authentisch
berichten. Hinzu kommt unsere Israel-Reise, bei der 18 Schüler aus Duisburg,
Essen und Mülheim 2017 die israelische Gesellschaft erleben konnten. Nicht nur
der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, das Gespräch mit
UN-Blauhelm-Soldaten auf den Golan-Höhen hat die Schüler beeindruckt, Im
Gespräch mit gleichaltrigen Israelis staunten sie darüber, dass ihre
Altersgenossen ganz selbstverständlich und ohne Murren einen dreijährige
Wehrpflicht in der israelischen Armee leisten.
Verstehen Sie
sich auch als politische Lobby für die israelische Regierung und ihre
umstrittene Politik?
Püll: Es gibt 56
deutsche Arbeitsgemeinschaften der DIG, von denen wir eine sind. Da gibt es ein
ganz breites Meinungsspektrum. Grundsätzlich sagen wir als DIG, dass man sich
unter Freunden auch die Wahrheit sagen kann. Und dazu gehört, dass wir nicht
mit allem einverstanden sind, was die israelische Regierung tut. Das gilt
natürlich auch für die Israelis selbst. Ich bin überzeugt, dass es im Nahen
Osten nur mit einer Zweitstaatenlösung und einer gerechten Wasserversorgung Frieden
geben wird.
Welchen Zugang
haben Sie als DIG zu israelischen Persönlichkeiten?
Püll: Einen sehr
guten. Da stehen uns alle Wege offen. Der israelische Botschafter in
Deutschland lädt uns jedes Jahr zum israelischen Unabhängigkeitstag ein. Und am
25. Februar werden wir um 18 Uhr im Jüdischen Gemeindeszentrum im Innenhafen
eine israelische Journalistin Jenny Havemann zu Gast haben, die uns mit Blick
auf die israelische Parlamentswahl am 29. April über die
gesellschaftspolitische Lage in Israel berichten wird.
Wie groß ist das
Interesse für Ihre Kultur- und Informationsveranstaltungen?
Püll: Es gibt
einen harten Kern von rund 100 Mitgliedern und Sympathisaneten der DIG, die in
einem regen Austausch miteinander stehen. Ansonsten ist das Interesse immer vor
der jeweils aktuellen politischen Lage und Medienberichterstattung abhängig.
Wie gut ist Ihr
Kontakt zur Jüdischen Gemeinde?
Püll: Sehr gut.
Wir kooperieren eng miteinander. Das war auch bei unserer Jubiläumsfeier im
Duisburger Ratssaal so. Wir halten unsere Mitgliedsversammlungen im Jüdischen
Gemeindezentrum ab und pflegen bei dieser Gelegenheit einen regen Informations-
und Meinungsaustausch.
Weshalb
engagieren Sie sich in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft?
Püll: Ich bin
seit meinem 15. Lebensjahr politisch interessiert und engagiert. Mein Vater war
Landtagsabgeordneter und mein Großvater gehörte zu den Kriegsgefangenen, die
durch Konrad Adenauers Einsatz 1955 aus der Sowjetunion nach Deutschland
zurückkehren konnten. „Du musst dich engagieren, damit so etwas wie Diktatur
und Krieg nie wieder möglich werden, hat mir mein Großvater mit auf den Weg
gegeben. Und mein 1927 geborener Vater hatte in seiner Kindheit einen jüdischen
Freund, der mit seinen Eltern ein Opfer des Holocaust geworden ist. Vor diesem
Hintergrund habe ich mich 1993 auch für das Zustandekommen der
deutsch-israelischen Städtepartnerschaft Mülheim/Kfar Saba eingesetzt und kam
so zur Deutsch-Israelischen Gesellschaft, deren Vorsitzender ich seit 15 Jahren
sein darf.
Welche Zukunftsprojekte
bewegen Sie und ihre Mitstreiter in der DIG?
Püll: Das
wichtigste Ziel ist es, dass wir als Deutsch-Israelische Gesellschaft weiterhin
einen guten Kontakt zu allen gesellschaftlichen Gruppen und vor allem zu den
Schulen behalten und diese Kontakte ausbauen können. Außerdem würden wir die
Regionalgruppe gerne um Essen erweitern. Denn Essen hat nicht nur das
Kulturzentrum der Alten Synagoge, sondern auch die sehr attraktive Partnerstadt
Tel Aviv. Und wenn wir Geldgeber finden, werden wir auch wieder eine
Schülerreise nach Israel anbieten.
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