Ich mag keine Überraschungen. Denn meistens sind es
schlechte. Die Rechnungen, die man bezahlen muss sind meistens überraschend
hoch und die, deren Betrag man vereinnahmen darf, überraschend niedrig. Manager
und Politiker, die zuweilen überraschend viel verdienen, haben oft überraschend
wenig Ideen, wenn es in einer Krise darauf ankommt. Genau diesen Eindruck habe
ich auch beim öffentlichen Nah- und Fernverkehr, der viel zu oft überraschend
teuer und überraschend schlecht ist. So überraschte es mich gestern nicht, als
mir an einer Haltestelle die zehnminütige Verspätung meiner Straßenbahn
angekündigt wurde. Dafür überraschte mich die Ruhrbahn damit, dass die
angesagte Verspätung ausfiel. Sonst fallen höchsten Busse und Bahnen aus.
Stattdessen kam die vermeintlich verspätete Bahn pünktlich auf die Minute. Da
war das Hallo an der Haltestelle groß. Die missmutig Wartenden, die sich
innerlich bereits auf eine längere Wartezeit in der winterlichen Kälte
eingestellt hatten, strahlten plötzlich über das ganze Gesicht, ob der positive
Überraschung. Hatten sie doch die schon auf der Strecke des öffentlichen
Personennahverkehrs gebliebene Lebenszeit plötzlich wiedergewonnen. Doch
pünktlich. Kein Anschiss vom Chef und keine peinlichen Ausreden und
Entschuldigungen. Wer sagt denn, dass nur Maurer und Könige pünktlich sein
können. Die Ruhrbahn kann es auch, sogar wenn es draußen kalt ist. Toll. Bleibt
nur die Frage: Warum die Stimme aus dem Haltestellen-Lautsprecher nicht wusste,
dass die angesagte Bahn nicht zu spät, sondern pünktlich sein würde. Weiß bei
der Ruhrbahn eine Hand nicht, was die andere macht?
Aber wer will sich schon über eine überraschend pünktliche
Bahn beschweren. Das wäre wirklich ungerecht. Vielleicht wollte ein cleverer
Ruhrbahn-Mitarbeiter seinem Arbeitgeber und dessen Kunden auch nur ein
überraschendes Erfolgserlebnis verschaffen. Denn eine bessere Werbung kann sich
die Ruhrbahn ja nicht wünschen, als wenn man Freunden und Familie berichten
kann: „Stell dir vor: Mein Bahn war pünktlich, obwohl sie eigentlich zu spät
kommen sollte.“
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