Dieser Text erschien am 29. Dezember 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung
Dienstag, 1. Januar 2019
Der Vorher-Nachher-Effekt
Nach Weihnachten erscheint mir das
Forum fast voller als vor Weihnachten. Habe ich etwas verpasst. Hat der Vatikan
vielleicht einen dritten oder Weihnachtstag eingeführt? Doch mir schwant. Nach
der Bescherung ist vor dem Umtausch. Parfüm, Krawatten, Dessous, Musik-CDs sind
oft gut gemeint, kommen beim oder bei der Beschenkten nicht immer gut an. Auch
ich erinnere mich an Bescherungen im Kreise der lieben Familie, bei denen irgendwann
der Satz fiel: „Nein, wirklich. Sehr schön. Aber kann man das noch umtauschen.“
Das war dann am Heiligen Abend schon die erste Herausforderung für die guten Vorsätze
der Harmonie und für den Haussegen, der in Schieflage zu geraten drohte. Hinzu
kam, dass es immer die selben Kandidaten, die die Weihnachtsstimmung mit ihrer
Unzufriedenheit über ihr Geschenk einer harten Belastungsprobe aussetzten. Und
so ist es auch in unserer Familie über die Jahre der leidvollen
Bescherungsfrustrationen zu einer unromantischen, aber pragmatischen Wende auf
dem Gabentisch gekommen. Jetzt gibt es meistens das Mülheimer Flachgebinde mit
einer Bargeld-Einlage oder mit einem Geschenkgutschein. Und so sieht man sich
heute immer öfter im Einzelhandel wieder, weil sich dieser nach der Bescherung mit
Glockengeläut über ein zweites Klingeln seiner Kasse im verlängerten
Weihnachtsgeschenk freuen kann. Was tut man nicht alles, um seine Lieben glücklich
und zu machen und ganz nebenbei die lokale Wirtschaft anzukurbeln. Doch ich
befürchte, dass uns angesichts der angekündigten Steuererhöhungen nach den
Feiertagen noch so manche unliebsame Bescherung ins Haus steht, gegen die kein
Gutschein und kein Kassenzettel mit Umtauschgarantie helfen kann. Eine Reklamation
mit Umtauschaussichten wird es frühestens bei den nächsten Kommunalwahlen
geben.
Dieser Text erschien am 29. Dezember 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung
Dieser Text erschien am 29. Dezember 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung
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