Sonntag, 6. Januar 2019

So sah es aus in den Siebzigern


Der Mülheimer Gerd Wilhelm Scholl lässt uns mit einer Postkartenansicht auf die Leineweberstraße der frühen siebziger Jahre schauen. Wo damals das City Center stand, steht seit 1994 das Forum. Von dort aus schauen wir auf die Eppinghofer- und die Leineweberstraße. Wir erkennen in der Mitte die für die siebziger und achtziger Jahre typischen Blumenkübel. Sie sind reich bepflanzt. Noch muss die Stadt bei der öffentlichen Grünpflege nicht sparen. Wir sehen rechts den Remberg-Pavillon, in dem die Kunden damals alles finden, was ihr Zuhause schöner macht. Und wer etwas für die Gesundheit braucht, wird auf dem Weg ins City Center in der Jobs-Apotheke fündig. Dort finden wir heute im Erdgeschoss des Forum-Komplexes den Beschäftigungsdienstleister Pia.

Auf der rechten Bildseite sind uns die Kofferecke und die Metzgerei Pieper bis heute vertraut. Damals kann man noch mit dem Auto die Eppinghofer Straße in beiden Richtungen befahren. Der Kurt-Schumacher-Platz, benannt nach dem ersten Nachkriegsvorsitzenden der SPD, und der unter ihm gelegene Busbahnhof werden erst ein Jahrzehnt später Wirklichkeit. Damals kennt man in der Innenstadt nur den Hans-Böckler-Platz, der den Namen des ersten DGB-Vorsitzenden trägt. Dort sind gerade die Iduna- und SWB-Hochhäuser als modernes Wohnquartier entstanden. Auf der linken Bildseite zeigt sich an der Leineweberstraße noch das Einrichtungshaus Westmöbel und in der Bildmitte erkennt man am Horizont noch das 1965 errichtete und 1977 wieder abgerissene Neckermann-Kaufhaus am Berliner Platz. Beides gehört ebenso der Vergangenheit an, wie Traditionsgeschäfte á la Kocks und Herstein oder Berger & Lindner. Hier versorgten sich die Mülheimer in den siebziger Jahren noch mit Haushaltswaren, Bettwäsche und Mode. Die in den fünfziger Jahren als stark frequentierte Ost-West-Achse neu angelegte Leineweberstraße wird in den siebziger Jahren zumindest teilweise als Fußgängerzone vom Autoverkehr befreit. Hier können Fußgänger bummeln, Schaufenster anschauen und einkaufen. Das marode Pflaster der heutigen Fußgängerzone an der Leineweberstraße ist damals ebenso undenkbar wie die nicht nur dort leerstehenden Ladenlokale. Internethandel gibt es noch nicht. Und die bereits bestehenden Einkaufszentren City Center und Rhein-Ruhr-Zentrum graben der beliebten Einkaufsinnenstadt Mülheims nicht das Wasser ab. An ein Centro in der Nachbarstadt oder an das Dümptener Tor ist damals noch nicht zu denken, ebenso wenig wie an den heutigen Radweg und den Allee-Charakter der Leineweberstraße. 
Dieser Text erschien am 2. Januar 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung

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