Wann kommt denn unsere Straßenbahn“, fragt das kleine Mädchen seine Mutter. „Sie kommt gleich!“, bekommt sie zur Antwort und erwidert spontan: „Ich will aber, dass unsere Bahn jetzt kommt!“ Die Erwachsenen an der Haltestelle müssen lachen. Sie haben den selben Wunsch, würden ihn aber nie so direkt äußern. Denn sie haben schon eine etwas längere Erfahrung mit den Bussen und Bahnen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Sie wissen: Der ÖPNV hat seine ganz eigene Dynamik. Und so ist das Erstaunen auch nicht wirklich groß, als die angekündigte Bahn, die eigentlich „sofort“ kommen soll, plötzlich von der elektronischen Fahrplananzeige verschwindet.
Ein ernüchterndes Seufzen und Kopfschütteln geht durch die Reihen der Wartenden. Das bedeutet wohl, dass die Bahn ausfällt.
Während die großen Fahrgäste zum Teil ihr Handy zücken, um ihrer Zielperson ihre nahverkehrstechnisch bedingte Verspätung anzukündigen, zieht der kleine Fahrgast seine Mutter zur Rechenschaft: „Du hast aber gesagt, dass unsere Straßenbahn gleich kommt!“ Die Mutter lässt ihre Tochter entnervt wissen: „Ich weiß. Aber bei uns kommt die Bahn eben, wann sie will.“
Dieser Text erschien am 10. September 2018 in der NRZ
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