Wie schnell können 90 Spielminuten vergehen, wenn die Akteure die hohe Kunst der Improvisation beherrschen. Die Rede ist nicht von Jogis Jungs, sondern von den Bonner Springmäusen Vera Passý, Paul Hombach, Ben Hartwig und Norbert Frieling, die am Freitagabend im Ringlokschuppen 370 Kleinkunst Fans zum Lachen brachten.
Wenn Lachen wirklich gesund ist, dann dürfte dieser Abend des gehobenen Blödsinns so manche Pille und so manchen Arztbesuch erspart haben. Stellen Sie sich vor, Sie werden zu einer Geburtstagsparty eingeladen und ihr Gastgeber käme auf die Idee: „Einige von uns spielen und singen kleine Sketche und Lieder, in denen Stichworte vorkommen, die ihnen die zuschauenden Gästen zurufen.“
Sind Sie musisch und kreativ veranlagt, werden Sie sagen: „Das kann ich. Das macht Spaß.“ Doch spätestens, wenn Ihnen die ersten Zuschauer Worte, wie Darmspiegelung oder Farblichttherapie zurufen, dürfte Ihnen der Spaß vergehen.
Ganz anders bei den Springmäusen, die bei ihrem Programm „Juke Box“ nicht nur diese skurrilen Begriffe, sondern auch so seltsame Schöpfungen, wie „Hamsterferien“ oder den Ruhrgebiets-Klassiker „Glück auf, der Steiger kommt“ in eine urkomische Ad-hoc-Show verwandelten, bei der kein Auge trocken bleiben konnte.
„Je verrückter die Stichworte aus dem Publikum, desto besser für uns, weil das unsere Phantasie herausfordert“, versicherte Schauspielerin Vera Passý, die sich als hilfsbreite Nachbarin und Tierfreundin in den Ferien um den Hamster ihrer Nachbarn, gespielt vom Diplom-Biologen Ben Hartwig, verführen lässt.
Man muss es gesehen haben, um die Situationskomik zu begreifen. Auch die vom Ex-Lehrer Paul Hombach am Klavier genre-übergreifend intonierten Variationen der Bergbau-Hymne: „Glück auf, der Steiger kommt“, klingen so unfassbar und urkomisch, dass man beim Lachen seinen Ohren nicht traut.
Dabei scheuten die Springmäuse, in Person von Norbert Frieling, nicht davor zurück, Zuschauer, wie Bianca aus Düsseldorf, auf die Bühne zu bitten, um sie ungeniert, aber liebevoll über ihre Lebens- und Liebesgeschichten zu befragen, die sie anschließend Broadway-reif als etwa 30-minütiges Musical mit Herz, Schmerz und noch mehr Witz auf die Bühne im Ringlokschuppen brachten. Eine Wiedersehen macht auf jeden Fall Freude.
Dieser Text erschien am 10. September 2018 in NRZ & WAZ
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