Samstag, 20. Januar 2018

Die Pallottiner verabschieden sich aus Christ König

Pater Bernhard Küpper (SAC) vor der Galerie seiner Vorgänger
„Das Zeichen.“ Diesen Titel trägt die Zeitschrift der Pallottiner. Deren aktuelle Ausgabe beschäftigt sich mit dem Sonntag. Am kommenden Sonntag setzen die Pallottiner ein Zeichen. Nach fast 63 Jahren der Seelsorge vor Ort, verabschieden sich die letzten Patres der Ordensgemeinschaft von der 3000 Mitglieder zählenden Gemeinde im Norden der Stadt.

„Die Gemeindemitglieder haben beängstigt auf unsere Entscheidung reagiert“, sagt Pater Bernhard Küpper, der noch bis Ende Januar Pastor in Christ-König sein wird, ehe er als Stadtseelsorger nach Limburg an der Lahn gehen wird. Sein Mitbruder Pater Franz Nguyen wird als Seelsorger künftig in St. Bonifatius (Herne) arbeiten und weiterhin für die vietnamesische Gemeinde im Ruhrbistum zuständig sein.

Wehmütig zeigt Pater Bernhard (62) seinem Besucher im Gemeindebüro am Steigerweg die Galerie seiner Vorgänger. 1955 war es Pater Franz-Josef Bezler, der als erster Pallottiner die Leitung der Gemeinde Christ-König übernahm. Ihm folgten im Laufe der Jahre seine Mitbrüder Karl Jung, Werner Nakott, Horst Liedtke, Bernhard Terhorst und Leo Wiszniewski. 2011 trat Pater Bernhard als letzter Pallottiner dessen Nachfolge an.

Er fand eine lebendige Gemeinde mit Jugendarbeit, Familienkreis, Meßdienergruppe und Gemeindekarneval vor. Doch seitdem ist das katholische Milieu an der Stadtgrenze zwischen Essen und Mülheim dramatisch geschrumpft. „Es kommt einfach zu wenig nach. Die Eltern, die heute 30 oder 40 Jahre alt sind, haben oft keine kirchliche Bindung mehr. Die Eltern der Kommunionkinder sind zwar sehr engagiert, lassen sich aber nach der Ersten Heiligen Kommunion oft nicht mehr in der Gemeinde blicken. Zuletzt hatten wir noch sechs Firmlinge. Deshalb ist unsere Jugendarbeit in den letzten Jahren zusammengebrochen“, resümiert Pater Bernhard. Die noch gut funktionierenden Gemeindegruppen, der Treff 74 und der Familienkreis, werden hauptsächlich von Menschen aus der älteren Generation getragen. 

Die gute Zusammenarbeit mit der benachbarten evangelischen Markuskirchengemeinde und der  Gemeinschaftsgrundschule am Steigerweg gehören zu einem weiteren Aktivposten der weitgehend bürgerlich geprägten Nord-Gemeinde, die seit der Strukturreform des Jahres 2006 zur Nord-Pfarrei St. Barbara gehört.

Pater Bernhard, der mit seinen 62 Lebensjahren noch zu den jüngeren Ordensbrüdern der Pallottiner gehört, macht keinen Hehl daraus, dass das Nachwuchsproblem auch seine 1846 von dem römischen Priester Vinzenz Pallotti gegründete Ordensgemeinschaft betrifft. „In den besten Zeiten gab es bis zu sechs Pallottiner-Patres in Christ König, Heute bin ich hier mit meinem 59-jährigen Mitbruder Pater Franz allein“, schildert Pater Bernhard die Entwicklung. Als er 1976 in die vor allem seelsorgerisch und missionarisch aktive Ordensgemeinschaft des Vinzenz Pallotti (1795-1850) eintrat, gab es in Deutschland noch etwa 600 Pallottiner. Heute sind es nur noch 279. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 72 Jahren. Deshalb mussten die katholischen Ordenspriester, deren Credo das Apostolat aller Christen ist, in den letzten Jahren auch andernorts Niederlassungen schließen und ihr Engagement in der Gemeindeseelsorge und in der Bildungsarbeit reduzieren oder aufgeben.
Anders, als in Deutschland, erfreuen sich die Pallottiner in Indien und Polen derzeit eines großen Zulaufs. Zu den dortigen Ordensprovinzen gehören jeweils mehr als 600 Brüder. Auch in Brasilien und Australien sind die heute weltweit rund 2300 Pallottiner aktiv.
„Wir brauchen ehrenamtlich aktive Gemeindemitglieder, die sich für ihren christlichen Glauben interessieren. Und wir brauchen Priester, die von Organisations- und Verwaltungsaufgaben entlastet werden, um mehr Zeit für die aktive und attraktive Seelsorger zu haben, die die Menschen von heute anspricht“, beschreibt Pater Bernhard die Voraussetzungen für eine zeitgemäße und erfolgreiche Gemeindearbeit.

Die Winkhauser Pallottiner-Patres Bernhard und Franz werden sich am 21. Januar um 16 Uhr mit ihrem letzten Gottesdienst in der Christ-König-Kirche am Steigerweg 1 und einem anschließenden Empfang in der Krypta von den Mitgliedern ihrer Gemeinde verabschieden. Am 21. Januar entfällt deshalb der reguläre Sonntagsgottesdienst.
Und wie es geht es mit der Gemeinde Christ König weiter?

Angedacht ist, dass die Seelsorger in der Nord-Pfarrei St. Barbara die Gottesdienste feiern, die auch weiterhin samstags um 17 Uhr und sonntags um 10 Uhr dort stattfinden sollen. Das Gemeindebüro und der Besprechungsraum am Steigerweg sollen den Ehrenamtlichen der Gemeinde erhalten bleiben. Außerdem zieht dort eine Priester-Kommunität ein. Deren Mitglieder sind allerdings außerhalb Mülheims aktiv und können deshalb die bisher von den Pallottinern in Christ König geleistete Arbeit nicht übernehmen.

Dieser Text erschien am 13. Januar 2018 im Neuen Ruhrwort

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