Im Gespräch: Florian Subetzko, Florian Gioersch, Klaus Pfeffer und Jens Oboth |
„Wir erleben nicht nur Abbrüche, sondern auch viele Aufbrüche.“
Diesen Eindruck nimmt Generalvikar Klaus Pfeffer aus einer
Akademieveranstaltung zum Thema Gemeindegründungen mit.
Gemeindegründungen? Gibt es das überhaupt noch in Zeiten, in denen
sich die katholischen Pfarrgemeinden des Bistums Gedanken über eine
Zukunft mit weniger Gläubigen, weniger Geld und weniger
hauptamtlichen Mitarbeitern machen müssen?
Es
gibt sie. Die Pastoraltheologen Florian Sobetzko (Bochum) und Florian
Giersch (Bottrop) berichten in der Wolfsburg über ihre
Aufbruch-Erfahrungen mit neu gegründeten Jungen Gemeinden, die sich
im Rahmen bestehender Pfarrgemeinden mit neuen Formen des
Gottesdienstes und der Kommunikation vor allem an Menschen wenden,
die mit der herkömmlichen Kirche nichts oder nichts mehr anfangen
können.
„Normale
Sprache. Entspannte Leute und gute Musik“, so beschreibt der
innovative Evangelist Sobetzko, der ein Handbuch über
Gemeindegründungen geschrieben hat und entsprechende
Trainingsworkshops anbietet, den Dreiklang, mit dem er zum Beispiel
einen Freitagabend-Gottesdienst gestaltet, der die Arbeitswoche
ausklingen lässt und Lust aufs Wochenende macht. Sein Kollege
Florian Giersch hat gute Erfahrungen mit kurzen
Zeitfenster-Gottediensten gemacht, in denen Gottesdienstbesucher
ihren Gottesdienst selbst gestalten und aus ihrem aktuellen Alltag
heraus Fürbitten und Segenswünsche formulieren.
„Wir
müssen mehr Vielfalt wagen und alle mitnehmen, in dem wir Bewährtes
nicht verwerfen, aber auch niemanden behindern, der in seiner
Gemeinde mal was neues ausprobieren will“, beschreibt Generalvikar
Pfeffer die Marschrichtung. Doch das reicht Sobetzko und auch einigen
in der Gemeindearbeit aktiven Zuhörern nicht genug. „Wir brauchen
kleine kraftvolle Aufbrüche, die niemanden überfordern, die auf
lange Sicht aber nicht als Nische gedacht sind. Diese Innovation geht
aber nur von oben nach unten. Das geht nur mit Auftrag, nicht nur mit
Duldung. Sonst brauchen die Aktiven ihre Kräfte in
Stellvertreterkonflikten auf“, macht Sobetzko deutlich.
Kaminrunden,
Bibelkreise, Taizé-Andachten oder Agapefeiern in einladenden
Gemeinderäumen, in denen man zur Sache kommt und nicht nur über den
nächsten Sommerurlaub spricht, sind nicht neu, aber effektiv um
Menschen, die nach Sinn und Orientierung suchen dort abzuholen, wo
sie stehen. Sobetzko und sein Kollege Giersch glauben: „Gott
schenkt uns Gemeindegründer. Und gerade Menschen, die nicht in
herkömmliche Gemeindestrukturen passen, können zu einer Quelle für
neue Ideen und Formen von Kirche werden.“ Deshalb raten sie aktiven
Christen auch zum Engagement in Vereinen, Kindertagesstätten oder
Schulpflegschaften, wo sie innovative Menschen treffen und ansprechen
können, „die, wie sie einen sozialen Dienst am Leben leisten
wollen.“
Aus
dem Auditorium der haupt- und ehrenamtlichen Gemeindearbeiter nimmt
Gneralvikar Klaus Pfeffer unter anderem den Wunsch nach mehr
Multiplikatorenschulung, weniger Korsettstangen in der
Gottesdienstgestaltung mehr charismatischen Geistliche und
Gemeindemitarbeiter, „die Lust auf den Glauben und keine Lethargie
ausstrahlen.“ Für ihn steht am Ende des Abends fest, dass der
aktuelle Umbruch in der Ruhr-Kirche „als eine Riesen-Chance, weil
wir als katholische Christen genötigt werden, uns darüber klar zu
werden, was uns wichtig ist und was uns unser Glaube wert ist.“
„Wir
müssen unseren Glauben in die Sprache unserer Zeit übersetzen“,
sagt Pfeffer weiter, „um uns selbst und unseren Mitmenschen
erklären zu können, was das ist, was unser Leben als Christen reich
macht.“
Dieser Text erschien am 16. Dezember 2017 im Neuen Ruhrwort
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