Dienstag, 26. September 2017

Ulrike Flach: Im Zweifel für die Freiheit

Ulrike Flach, hier mit Werner Koppelin, Hans-Dietrich-Genscher
und Guido Westerwelle 2012 in der FDP-Bundestagsfraktion
Als die damalige Kreisvorsitzende der FDP, Ulrike Flach, 1998 über die Landesliste ihrer Partei in den Bundestag einzog, war sie die zweite Frau und die erste Liberale, der dies gelang.

Schon 1991 hatte die für Siemens tätige Diplom-Übersetzerin erstmals für den Bundestag kandidiert. Aber als FDP-Wahlkreiskandidaten ohne Platz auf der FDP-Landesliste hatte sie damals keine Chance auf ein Bundestagsmandat.

Den Sprung in die Bundespolitik schaffte die seit 1975 in der FDP aktive Flach dann bei der Wahl 1998. Als FDP-Abgeordnete musste sie damals zunächst auf den Oppositionsbänken Platz nehmen. Doch rasch schaffte sie den Aufstieg die Fraktionsführung. Sie war Vorsitzende  des Bildungsausschusses, FDP-Obfrau im Haushaltskontrollausschuss, gesundheits- und technologie-politische Sprecherin der FDP, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und ab 2011 parlamentarische Staatsekretärin im Bundesgesundheitsministerium. „Das ist eines der wenigen Ministerien,“ so sagte Flach damals, „in denen man noch richtig was gestalten kann und nah an den Menschen ist.“

An der Spitze einer interfraktionellen Abgeordneten-Gruppe verschaffte sie 2011 einem Gesetzentwurf zum Durchbruch, der die Pränatal-Diagnostik und die damit verbundene Option eines Schwangerschaftsabbruchs in den Fällen erlaubte, in denen Eltern aufgrund einer schweren Erbkrankheit, eine Fehl- oder Totgeburt oder eine die gesamte Familie belastende Schwerst-Mehrfach-Behinderung ihres Kindes befürchten mussten.

Flach und ihre Mitstreiter konnten sich damals auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes berufen. Das hatte 2010 mit Blick auf die Zulässigkeit der PID festgestellt, "dass es widersprüchlich wäre, einerseits die belastenden Schwangerschaftsabbrüche straffrei zu lassen und andererseits die PID, die auf einem weitaus weniger belastenden Weg dasselbe Ziel verfolgt, bei Strafe zu untersagen."

Um ethischen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, machte der am Ende im Parlament erfolgreiche Gesetzesentwurf der Flach-Gruppe zwei wichtige Auflagen. Die PID musste in einem dafür lizensierten Zentrum durchgeführt und von einer Ethikkommission gebilligt werden.

Auch für Mülheim machte Flach in Berlin ihren Einfluss geltend. Sie sorgte für die finanziellen Voraussetzungen zur Einrichtung der Lernwerkstatt Natur im Witthausbusch.

Da Flach von 1998 bis 2005, neben ihrem Bundestagsmandat, weiterhin als Übersetzerin für Siemens gearbeitet hatte, geriet sie 2005 in die Schlagzeilen und sah sich dazu gezwungen, den Vorsitz im Bildungsausschuss und den stellvertretenden Landesvorsitz der FDP abzugeben: „Das Problem bestand darin, dass die Medien meine beruflich entlohnte Tätigkeit für Siemens damals in einen Topf mit den Lobby-Gehältern warfen, die einige Kollegen aus der Politik, ohne Gegenleistung und deshalb zu Unrecht, kassiert hatten“, erinnert sich Flach.
Mit der Bundestagswahl 2013, bei der die FDP mit 4,7 Prozent der Zweitstimmen den Einzug in den Bundestag verfehlte, kam für die 2010 mit dem Ehrenring der Stadt und mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Ulrike Flach, das Ende ihrer politischen Karriere. Schon 2012 hatte die damals 61-Jährige den Kreisvorsitz der Mülheimer FDP an ihren 40-jährigen Parteifreund und heutigen Landtagsabgeordneten Christian Mangen abgegeben. Gleichzeitig kündigte sie ihren Verzicht auf eine erneute Bundestagskandidatur an.

Doch Ulrike Flach bleibt auch nach ihrer Bundestagszeit bis heute aktiv, etwa als Ehrenvorsitzende der Mülheimer FDP und als Mitglied im Bezirksvorstand ihrer Partei sowie als Mitglied in den Kuratorien des Max-Planck-Institutes für chemische Energie-Konversion, der NRW-Gesellschaft für die Bekämpfung von Krebserkrankungen und der Heinz-Kühn-Stiftung zur Förderung junger Journalisten.

Dieser Text erschien am 20. September 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

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