Samstag, 16. September 2017

Jemand, wie Heiner Geißler fehl uns heute: Drei Fragen an die Saarner Buchhändlerin Ursula Hilberath

Ursula Hilberath an der Ruhrpromenade
Buchhändlerin Ursula Hilberath hat den Politiker und Buchautor Heiner Geißler 2001 als Gast beim Saarner Bücherfrühling kennengelernt. Wie erinnert sie sich an den streitbaren Christdemokraten, der als Sozialminister in Rheinland-Pfalz, als CDU-Generalsekretär, als Bundesfamilienminister, als Bundestagsabgeordneter und Attac-Mitglied bis zu seinem Tod am 12 . September ein Impulsgeber des öffentlichen politischen Diskurses gewesen ist.

Wie haben Sie Ihre Begegnung mit Heiner Geißler in Erinnerung?

Ich erinnere mich an einen heißen Nachmittag im Mai, an dem unsere Buchhandlung an der Düsseldorfer Straße überfüllt war und wir sogar im Schaufenster Stühle aufstellen musstem. So groß war das Interesse an Heiner Geißler, der damals bei uns sein Buch: „Wo ist Gott?“ vorgestellt hat. Ich habe Geißler damals als einen sehr freundlichen, zugewandten und bescheidenen Gesprächspartner erlebt, der mit den Gästen der Lesung angeregt und auf Augenhöhe diskutiert hat, um zu begründen, warum unsere Gesellschaft ein christliches Fundament brauche, um eine menschliche Gesellschaft zu sein und zu bleiben. Es gab damals sehr viel Applaus für Heiner Geißler.

Wie erinnern Sie sich an den Politiker Heiner Geißler?

Als feministisch bewegte Frau habe ich Mitte der 80er Jahre die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als der CDU-Generalsekretär Bundesfamilienminister wurde. Doch Geißler hat schnell meinen Respekt gewonnen, weil er sich in die Probleme und Sorgen von Familien und Frauen rasch hineingearbeitet und praktische Lösungen, wie das Erziehungsgeld, den Erziehungsurlaub und die Bundesstiftung Mutter und Kind initiiert, die Frauen beisteht, die ungewollt schwanger geworden sind.

Was ist für Sie Geißlers Vermächtnis?

Geißler war ein sehr gebildeter Mensch mit Tiefgang, der seinen christlichen Glauben als Maßstab für sein politisches Handeln ansah. Er hat, ohne Rücksicht auf kurzfristige Vorteile und Karriere den Standpunkt, den er als richtig und wichtig ansah, leidenschaftlich vertreten. In Erinnerung ist mir geblieben, dass er sich sehr kritische mit den Folgen des internationalen Turbo-Kapitalismus, aber auch mit der Verkündigungs-Praxis der christlichen Kirchen auseinandergesetzt hat. Nach seiner Ansicht komme in ihr der befreiende Charakter der Frohen Botschaft und ihre Aufforderung zum Umdenken zu kurz. Ich sehe heute bei uns leider keinen vergleichbaren Politiker.

Dieser Text erschien am 16. September 2017 in NRZ/WAZ

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