Samstag, 19. August 2017

Zeitzeugen erinnerten sich: Horst Heckmann und Horst Rübenkamp erzählten in der Buchhandlung Fehst aus ihrer Kindheit und Jugend im Dritten Reich: 30 Zuhörer kamen zur Zeitzeugenbörse in der Buchhandlung Fehst

Nichts ist lebendiger, als Zeitgeschichte, die von Zeitzeugen erzählt wird. Das konnten jetzt 30 Zuhörer bei einer Zeitzeugen-Lesung mit Horst Heckmann (Jahrgang 1928) und Horst Rübenkamp (Jahrgang 1932) erleben.

Im angenehmen Ambiente der Buchhandlung am Löhberg berichteten Rübenkamp und Heckmann kurzweilig und zugleich berührend über ihre Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus.
Gemeinsam erinnerten sie sich an eine Zeit, die sich als „abenteuerlich“ und auch „fröhlich und vergnüglich“, dann aber wieder als „furchtbar“ erlebt haben.

Die schönen Seiten. Das waren die Fußballspiele auf der Straße, die nur selten von Lieferwagen und Pferdefuhrwerken unterbrochen wurden. Das waren die Ernteeinsätze auf dem Land und die ersten Kino-Erlebnisse mit „Die Frau meiner Träume“ oder „Quax, der Bruchpilot“ im Ufa-Palast oder im Löwenhof oder auch die Geländespiele beim Jungvolk und später bei der Hitler-Jugend. Die schlechten Seiten: Das waren die Luftangriffe, die sie in Kellern und Bunkern überlebten, manchmal nur um Haaresbreite. Das waren der Hunger und das oft vergebliche Schlangestehen vor Geschäften oder die manchmal ergebnislosen Hamsterfahrten aufs Land. Das war das Chaos nach den Luftangriffen. Die brennenden Häuser und die Toten, die sie als Jugendlichen sehen und zum Teil auch selbst aus verschütteten Kellern herausziehen mussten, haben sich in ihr Gedächtnis eingebrannt.

Horst Rübenkamp erinnert sich an einem Bomben-Nacht im Keller, in der jemand ein Gramophon dabei hatte und plötzlich getanzt wurde, während draußen die Bomben fielen. Horst Heckmann erinnert sich an einen Heimatnachmittag, den er als Zugführer bei der HJ zum Thema „Friedrich der Große und Adolf Hitler“ organisieren musste.

Für ihn war die Jugend unter dem Hakenkreuz „ein ständiger Spagat.“

Denn der Vater, ein linker Gewerkschafter und die Mutter, Mitglied der regimekritischen Bekennenden Kirche, waren Gegner des NS-Regimes. „Wir haben als Kinder und Jugendliche nicht über Politik nachgedacht“, sagt Heckmann, der seine Freizeit mal mit der evangelischen Jungschar und dann wieder im Jungvolk und in der Hitler-Jugend verbrachte.

„Beim großen Luftangriff vom 22. und 23. Juni, fielen innerhalb einer Stunde mehr als 3000 Bomben auf die Stadt und töteten 500 Menschen“, erinnerte sich ein anderer Zeitzeuge, Ernst von Megern (jahrgang 1933), aus dem Publikum.

„Wir konnten uns endlich satt essen und brauchten nicht ständig Angst vor Bomben zu haben“, erzählte Rübenkamp aus seiner Zeit der Kinderlandverschickung, die für ihn im Sommer 1943 begann und ihn nach Böhmen und Mären führte. Heckmann wurde nach Thüringen evakuiert. Rübenkamp musste zu Beginn des letzten Kriegsjahres 1945 vor der heranrückenden Roten Armee nach Westen fliehen. Zu Fuß und später in Güterwagen der Reichbahn trat er den Heimweg an. Entlaust und zum Teil mit umgenähten Wehrmachtsuniformen bekleidet, begann für ihn im Sommer 1945 ein neues Leben im zunächst harten Frieden, in dem es, etwa mit Hilfe der Quäcker-Speise, zu überleben galt. Horst Heckmann verbrachte noch einige Jahre in Thüringen, ehe er heimkehren konnte.

Dieser Text erschien am 19. August in NRZ/WAZ

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