Kaum habe ich den Schock verwunden, dass mein süße Schokoladen-Ecke zwischen Wallstraße und Löhberg geschlossen hat, da muss ich in der NRZ lesen, dass Mülheims ältester Chor, der 1852 gegründete Männergesangverein Frohsinn, zum Jahresende seinen letzten Takt verklingen lässt. Gehen uns jetzt nach den Süßigkeiten auch noch die Töne aus, zumindest die, die wir als Nervennahrung fürs Gemüt in unseren turbulenten und schrillen Zeiten so dringend brauchen? Vielleicht liegt es daran, dass sich das Volk verändert hat, dass eben nicht nur den Volksparteien, sondern auch den Volkschören, die das Volkslied pflegen, die Puste auszugehen scheint.
„Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ spottete schon Bert Brecht.
Vielleicht ist es ja Zeit, mit Demut und Selbstvertrauen neue Töne anzuschlagen, in dem wir uns von großen Tönen und Lautsprechern aller Art verabschieden, die uns das Heil versprechen und statt dessen, jeder für sich und alle für uns zusammen, einen Grundton zu finden, der uns nicht länger aus dem Takt kommen lässt.
Dieser Text erschien am 22. Oktober 2018 in der NRZ
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