Die Katholische Akademie Die Wolfsburg und die ökumenische Telefonseelsorge luden zu einem vielseitigen Seelen-Gespräch in die Duisburger Kulturkirche Liebfrauen ein.
Die Podiumsteilnehmer |
Das
Kirchenschiff am König-Heinrich-Platz war gut gefüllt. Wenn es um die Seele
geht, geht es für Christen ans Eingemachte. Das Publikum war interessiert und
gespannt zugleich, als Olaf Meier von der ökumenischen Telefonseelsorge, der Neurowissenschaftler
Michael Huber und der Theologe Pater Elmar Salman zu ihren Impulsreferaten antraten.
Als nach den „Experten“ die Zuhörer zu Wort kamen, war die
Ernüchterung mit Händen zu greifen. „Sie haben die Faszination der Seele gar nicht
herausgearbeitet.“ „In ihrer Diskussion kam das Wort Gefühl kein einziges Mal
vor.“ Und: „Für mich war Ihr Gespräch nicht so erbaulich, wie ich es erhofft
hatte“, bekamen die Podiumsteilnehmer zu hören. „Eine Diskussion über die
Seele, die nicht zu verorten ist, ist eben nicht immer erbaulich“, räumte Pater
Elmar ein. Und Moderator Jens Oboth von der Katholischen Akademie machte
deutlich: „Dieser Abend kann keine endgültigen Antworten liefern. Aber er kann Sie
zum Weiterdenken inspirieren!“
Das hörte sich nicht wirklich ergiebig an. Und doch war der
Abend in der Kulturkirche für seine Besucher nicht vergebens. Aufschlussreich
war allein schon die Konfrontation zwischen den katholischen Theologen Meier
und Salmann auf der einen Seite und dem Neurowissenschaftler Huber auf der
anderen Seite.
Auch wenn der Neurowissenschaftler zugab: „Ohne Gefühl ist
unserem Leben alles nichts“, machte er im Namen seiner Zunft doch auch
unmissverständlich deutlich: „Wenn jemand im Gehirn den Schalter umlegt und kein
Strom mehr fließt, dann ist alles aus.“ Ausgesprochen verblüfft reagierte das
Publikum auf die neurowissenschaftliche Erkenntnis, „dass die Neuronen in
unserer Gehrinrinde zu 95 Prozent nur mit sich selbst verbunden sind und sich
unser Gehirn deshalb zum größten Teil nicht mit der Außenwelt, sondern mit
seiner eigenen Innenwelt auseinandersetzt.“ Und es kam noch dicker. Huber wies
darauf hin, dass es elektrophysiologisch in unserem Gehirn keinen feststellbaren
Unterschied zwischen unseren Wach- und unseren Traum-Zuständen gibt. Der Neurowissenschaftler
sprach in diesem Zusammenhang vom menschlichen „Dösen in Wahrnehmungsschleifen.“
Der Normalzustand sei der, dass das Gehirn nur ganz selten die Fenster zur
Außenwelt aufmache, es sei denn, wir würden durch traumatisches Erlebnis in
allen unseren Sinnen angesprochen und so aus unserem Wach-Traum gerissen.
Na, dann. Gute Nacht? Das wollten die beiden Seelsorger so nicht
stehen lassen, ebenso wenig, wie Hubers neurowissenschaftliche Sicht, „dass
unser Ich eine Konstruktion unseres Gehirms ist.“
Pater Elmar würdigte unser Gehirn „als unser Beziehungsorgan,“
und unsere Seele, als den nicht zu verortenden Ort, „an dem wir ganz bei uns
sind und aus der Leere schöpferische Kreativität erwachsen kann.“
Olaf Meier als „den nicht bestimmbaren, aber deshalb nicht
weniger relevanten Ort, an dem wir als Menschen am authentischsten und warmherzigsten
sind, weil wir uns mit Gott und den Menschen universell verbunden fühlen und deshalb
auch Hoffnung verkörpern können.“ Deshalb wollte Meier für sich auch nicht von
der Vision einer ewigen Glückseligkeit im Himmlischen Jerusalem nicht lassen.
Seiner aktuell angegriffenen Kirche empfahl Meier denn auch vor dem Hintergrund
seiner Telefonseelsorge, die Wiederentdeckung und Stärkung der Seelsorge, „die
Menschen wertschätzt, sich für sie Zeit nimmt, mit ihnen zusammen die
Widersprüche des Lebens aushält und ihnen so Hoffnung und Halt geben kann.“ Da
wollte auch Pater Elmar nicht nachstehen und betonte: „Gute Seelsorge stärkt
die Seele, die uns trägt und gemeinsam stark sein lässt, in dem wir uns
gegenseitig anregen und bereichern. Seelsorge gibt Menschen den Raum zum Atmen,
in dem sie sich selbst und damit in letzter Konsequenz auch Gott auf die Spur
kommen.
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Privatdozent Dr. Michael Huber, studierte
in den 1970er Jahren Medizin, Psychologie und Philosophie in Münster und
Hamburg. Er lebt und arbeitet in Köln und Zürich als medizinischer Gutachter
und als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische,
Psychotherapie, Psychoanalyse und Psychotherapie
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Prof. Dr. Pater Elmar Salmann wurde 1948
in Hagen geboren. Er studierte in den 60er und 70er Jahren katholische Theologie
und trat in die Benediktinerabtei Gerleve ein. In den 1990er und 2000er Jahren lehrte
er als Professor Theologie und Philosophie an den päpstlichen Universitäten in
Rom. Bis heute arbeitet der 1972 zum Priester geweihte Theologe als Seelsorger.
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Der Diplom-Theologe und Diplom-Psychologe Olaf Meier
leitet die ökumenische Telefonseelsorge, die aktuell von 120 ehrenamtlichen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistet wird. Die Telefon-Seelsorge ist rund
um die Uhr unter den kostenfreien Rufnummern: 0800-1110111 und: 0800-1110222
erreichbar.
Dieser Text erschien am 13. Oktober 2018 im Neuen Ruhrwort
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