Samstag, 9. Oktober 2021

Kleine und große Jungs

Gestern sah ich unseren kleinen Nachbarjungen mit seinem Vater über die Schloßstraße gehen. Das heißt: Sein Vater ging. Er selbst fuhr in seinem kleinen Elektroauto neben her. Die Tatsache, dass er die Schrittgeschwindigkeit seines Vaters mit seinem Elektromobil unterbot, änderte nichts daran, dass sich der Kleine hinter seinem  Steuer ganz groß vorkam. Das  versetzte mich für einen Augenblick in meine Kindheit zurück. Auch ich fuhr als Knirps gerne über die Schloßstraße. Erst ließ ich mich von meiner Mutter im Kinderwagen schieben.

Und einige Jahre später stieg ich dann auf das Kettcar um, das mir mein Großvater geschenkt hatte.

Der Tag, an dem mir mein Großvater in der Spielzeugabteilung des Kaufhofs, ja die gab es damals noch und zwar im XXL-Format, den Weg freimachte und gegen den vergeblichen Widerstand der Verkäuferinnen, alles beiseite wuchtete, was seinem Enkel für eine Testfahrt durch die Abteilung in die Quere kam, gehört bis heute zu den erhebensten und schönsten Erinnerungen meines Lebens, auch wenn meine damals pubertierende Schwester sich angesichts dieses Einkaufsschauspiels in Grund und Boden schämte.

Ich habe damals gelernt. Auch wenn man sich selbst abstrampeln muss, um voranzukommen, braucht man Menschen, die einem den Weg freimachen.

Dieser Text erschien am 3. Februar 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung

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