Der Teufel steckt im Detail, auch beim Wählen. Das konnte ich am Sonntag als Wahlhelfer im Briefwahllokal feststellen. Viele Wähler gingen auf Nummer Sicher. Wenn sie schon nicht sicher sein konnten, welchen Einfluss ihre Erst- und Zweitstimme auf das Bundestagswahlergebnis haben werde, wollten sie doch mit Klebstreifen und Klebestiften sicher gehen, dass ihr Stimmzettel bis zur Auszählung ganz sicher verschlossen bleibe. Doch in manchen Fällen hätte der Klebeeffekt fast dafür gesorgt, dass manches Wahlgeheimnis für immer eines geblieben wäre. Wenn es mit der demokratischen Endabrechnung oft länger dauerte, als es den auf heißen Kohlen sitzenden Wahlleitern, Kandidaten und Wählern lieb war, hatte das auch mit den Wahlbriefen zu tun, die oft so verflucht gut zugeklebt waren, dass die Befreiung der Wahlzettel aus den Wahlbriefumschlägen nicht selten einem chirurgischen Eingriff glich.
Sonntag, 10. Oktober 2021
Der lange Atem der Demokratie
Doch die Wahlhelfer waren zu allem entschlossen, um den zu Papier gebrachten Volkswillen ans Licht der politischen Erkenntnis zu bringen.
Zum Fluch der gut gemeinten, aber schlecht gemachten Tat wurde manchem Briefwähler die falsche Antwort auf die entscheidende staatsbürgerliche Frage: "In welchen Briefumschlägen müssen der adressierte und unterschriebene Wahlschein und der anonyme Wahlzettel verschlossen werden?" Wer Wahlschein und Wahlzettel zusammen in einem der beiden Wahlbriefumschläge verschlossen hatte, offenbarte den Wahlhelfern damit sein persönliches Wahlgeheimnis und machte damit seine beiden Stimmen ungültig. So gemein kann Demokratie sein, aber nicht nur zu den Wählern, sondern auch zu den Wahlhelfern. Ihnen bescherte unser Wahlrecht mit den aus guten Gründen häufig gesplitteten Erst- und Zweitstimmen einen zeit- und nerven raubenden Auszählungsmarathon, weil auch in der Demokratie die Rechnung stimmen muss. War schon die Auszählung des Wahlergebnisses eine Geduldsprobe, so wird seine Umsetzung in Form einer Regierungsbildung ein Geduldsspiel, an dessen Ende wir Wähler, Steuerzahler und Bürger hoffentlich nicht den Schwarzen Peter in Händen halten.
NRZ, 28.09.2021
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