Alexandra Teinovic ist auf ihrer bisher 46-jährigen Lebensreise schon viel unterwegs gewesen. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Romanistin knüpfte als Vetriebs- und Marketing-Mitarbeiterin für einen großen Telefonanbieter und für einen spanischen Schuhfabrikanten internationale Verbindungen. Als Familienberaterin an ihrer Hochschule, der Heinrich-Heine-Universität, half sie Kollegen, deren Familienleben aus den Fugen geraten war, wieder auf ihre Spur zurückzukommen.
In
einem Moment, in dem sie Lust auf eine berufliche Veränderung hatte,
wies sie eine Kollegin auf eine Stellenausschreibung der Mülheimer
Wohnungsbaugenossenschaft (MWB) hin, die damals, 2008/2009. einen
Nachbarschaftsverein aufbaute. Mülheim und Genossenschaft. Das waren
für die Ökonomin aus Düsseldorf damals Fremdworte. Doch sie machte
sich schlau und wagte den Sprung ins kalte Wasser.
„Das
habe ich bis heute nicht bereut. Denn ich bin ein Mensch, der gut auf
andere Menschen zugehen und Netzwerke organisieren kann“, sagt
Teinovic über sich selbst. Und nach inzwischen neun Jahren, in denen
sie als Netzwerkerin für die MWB in Mülheim unterwegs und aktiv
ist, sagt sie: „Ich habe hier offene Menschen getroffen, die mich
aufgenommen haben und es mir leicht gemacht haben, hier heimisch zu
werden.“
Ihre
vielseitiger Arbeitstag, der sie als Kümmerin und Frau für alle
Fälle ausweist, beginnt in der Regel um 8 Uhr im Büro des Mülheimer
Nachbarschaftsvereins an der Friedrich-Ebert-Straße 2. Mit einer
Tasse Kaffee im Anschlag checkt sie ihre E-Mails und hört ihren
Anrufbeantworter ab.
Sie
telefoniert unter anderem mit einem Mann, der aus Mülheim kommt,
heute aber in einer weit entfernten deutschen Großstadt lebt und
arbeitet. Er macht sich Sorgen um seinen dementen Vater, der in einer
Styrumer MWB-Wohnung lebt. Sie verspricht, bei seinem Vater
vorbeizuschauen und einen Pflegedienst einzuschalten.
Obwohl
die Frau vom Nachbarschaftsverein feste Sprechstunden, zwischen 10
und 12 Uhr hat, kommen und gehen bei ihr zu jeder Zeit Menschen ein
und aus, die die Frau vom Mülheimer Nachbarschaftsverein als eine
Frau mit einem offenen Ohr für alle Problemlagen kennen- und
schätzen gelernt haben. „Können Sie mir mal erklären, wie ich
meinen Fernseh- und Sateliten-Receiver einstellen muss?“ „Können
Sie mal meinen Arztbrief anschauen und mir erklären, was da drin
steht?“ „Worauf muss ich eigentlich achten, wenn ich eine
Patientenverfügung aufstelle?“
Die
Frau vom Nachbarschaftsverein kümmert sich nicht nur telefonisch,
sondern kommt auch persönlich vorbei. Bevor es los geht, muss
Teinovic, die übrigens auch einige Semester Medizin studiert hat, in
der Tiefgarage der Sparkasse den Stecker ziehen. Denn dort wird ihr
Elektro-Dienstwagen aufgeladen, wenn sie gerade mal nicht in der
Stadt unterwegs ist. „Mit einer Stromladung für 1,50 Euro komme
ich 60 Kilometer weit“, beschreibt sie die Vorzüge ihres
umweltfreundlichen City-Flitzers.
An
der Eigenheimhöhe in Heißen schaut sie bei zwei alteingesessenen
Mieterinnen vorbei. Im Gespräch mit ihnen geht es um eine
Patientenverfügung, aber auch um die Hundehaufen auf der kleinen
Wiese vor ihrem Haus, um die wunderbar gewachsenen Hortensien und den
letzten gemeinsamen Ausflug, den Teinovic für den
Nachbarschaftsverein organisiert hat. „Das war wirklich sehr schön
und informativ“, hört man über den Tagesausflug ins Neandertal.
„Frau Teinovic ist ein sehr sympathischer Mensch. Sie ist sehr
aufgeschlossen und kümmert sich auch um unsere kleinen Probleme und
Wehwehchen. Mit ihrer Arbeit hat sie dafür gesorgt, dass wir
Nachbarn uns jetzt besser kennen und regelmäßig miteinander
sprechen“, sind sich Erika Sader und Ingrid Hegemann von der
Eigenheimhöhe einig.
„Ich
organisiere nicht nur Tagesausflüge in die Region, sondern auch
Nachbarschaftsfeste in der Stadt“, erzählt Teinovic, während sie
zu einem Treffen mit vier Nachbarn von der Salierstraße fährt. Dort
soll Ende September ein Nachbarschaftsfest gefeiert werden.
Im
Gespräch geht es darum, wo was aufgestellt werden soll und was
gebraucht wird. Die vier Mieter, mit denen Teinovic das Fest plant,
gehören zum Organisationsteam der Siedlung und haben ihr auch gleich
einen Lageplan mitgebracht.
Auch
wenn Teinovic auf das Know-How und den Fundus, a# la Grill,
Bierzelt-Garnituren und Pavillons, der Genossenschaft zurückgreifen
kann, legt sie großen Wert darauf, „dass sich die Mieter und
Nachbarn auch selbst mit einbringen.“
Dieser Text erschien am 15. Juli 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung
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