Donnerstag, 16. Januar 2020

Wie gewohnt?

1000 Wohnideen für Ihr Zuhause. Das verspricht mir ein großes Werbeplakat am Straßenrand. Es möchte mich zum Besuch einer Möbelmesse einladen. Wohnideen habe ich selbst. Mal stelle ich mir vor wie es wäre, in einer Penthouse-Wohnung über den Dächern der Stadt und mit Blick auf die Ruhr zu wohnen. Auch ein Haus mit Garten und in bester Wohnlage macht sich in meine Fantasie gut. Auch in einer Wohngemeinschaft mit netten Menschen zu leben, hätte seine Vorteile. An schlechten Tagen könnte ich mich aber auch schon mal in Luft auflösen oder in der Erde versinken, um einfach nur meine Ruhe zu haben. Aber ob es sich da so ideal wohnt? Wohl eher nicht. Manchmal bin ich aber auch froh, dass ich in einer Mietwohnung in der Innenstadt wohne, weil ich von hier aus schneller dort hinkomme, wo ich erwartet werde und mir besorgen kann, was ich brauche. So geerdet auf dem Boden der Tatsachen, wird mir klar: Ideen davon wie wir wohnen könnten, haben wir wohl alle reichlich. Doch worauf es ankommt, ist die eine Idee, wie und wo wir eine Wohnstatt finden, die uns gerecht wird, weil wir sie am Ende des Monats bewirtschaften und als Mieter oder Eigentümer auch bezahlen können. Erst dann und dort können wir uns wirklich zuhause fühlen. Doch ich befürchte. Die Antwort auf diese Frage werde ich auch unter den 1000 Wohnideen der mir angepriesenen Möbelmesse nicht finden, wenn ich dort mit der Tür ins Haus falle. Wahrscheinlich würde man mich dort nur kopfschüttelnd anschauen und mit mitleidig fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Doch ich habe keine Zweifel daran, dass jeder Akteur auf dem gesellschaftlichen Markt der Möglichkeiten offene Türen einlaufen wird, wenn er Ideen Wirklichkeit werden lässt, die unsere kleine und große Welt zu einem wohnlicheren Ort macht, an dem jeder Mitbewohner seinen Platz hat und sich deshalb auch zuhause fühlen kann. Denn nur dann wird er sich auch gerne an die Hausordnung halten. 

Dieser Text erschien am 16. Januar 2020 in der Neuen Ruhrzeitung

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