Mülheim
und Bochum verbindet viel. Gerade erst ist der Leiter des Mülheimer
Stadtarchivs, Dr. Kai Rawe, in gleicher Funktion von der einen in die andere
Ruhrstadt gewechselt. Und vor 250 Jahren zog es den Mülheimer Arzt und Dichter
Karl Arnold Kortum nach Bochum, ganz zu schweigen von den vielen Mülheimern,
die an der Ruhr-Universität in Bochum studieren oder studiert haben.
Jetzt
hat der Bochumer Ingenieur und Hobby-Historiker Dr. Dirk Ziesing ein Buch über
den Unternehmer Silvester Trenelle geschrieben, der sowohl in Mülheim als auch
in Bochum gewirkt hat. Im 1808 aufgelösten Zisterzienserinnenkloster Mariensaal
betrieb Trenelle zwischen 1815 und 1842 im Auftrag des preußischen Staates eine
Gewehr- und Pistolenfabrik, die 1842 verstaatlicht und 1862 nach Erfurt verlegt
wurde. Parallel dazu erwarb Trenelle auf eigene Rechnung 1823 in
Bochum-Dahlhausen eine Wassermühle, die er zu einem metallverarbeitenden
Hammerwerk ausbaute, in dem unter anderem Bajonette hergestellt wurden. Denn
Metall brauchte die in Saarn und Hattingen produzierende Waffenfabrik
reichlich. Krupp in Essen gehörten ebenso zu seinen Geschäftspartnern wie der
Mülheimer Reeder Mathias Stinnes.
Trenelles
Biografie lag bisher im Dunkeln. Das hat Ziesing jetzt geändert. Er lüftet das Geheimnis um dessen Person und
zeichnet ein spannendes und faszinierendes deutsch-französisches und
europäisches Lebensbild.
Eine über 20-jährige
Recherche in deutschen und französischen Archiven haben dieses profunde Werk
möglich gemacht. So enthüllt Ziesing, dass Silvester Trenelle eigentlich Samuel
hieß und 1776 als Sohn eines jüdischen Edelsteinhändlers in Paris geboren wurde.
Unter Napoleon machte er als Militärbeamter Karriere, kam 1806 mit den
französischen Truppen nach Deutschland und ging in ihrem Gefolge 1812 auch nach
Russland.
Doch
als Napoleons politischer Stern sank, wechselte sein Gefolgsmann Trenelle
notgedrungen die Seiten und lieferte als Waffenfabrikant aus Saarn einen Teil
der Waffen, mit denen die Preußen 1815 in Waterloo Napoleon endgültig besiegen konnten.
Der Unternehmer Trenelle war kreativ und vielseitig. Er warb in Wallonien und
in Nordfrankreich, nicht ganz legal, Facharbeiter für seine Werkstätten in
Saarn und Hattingen und für sein Hammerwerk in Dahlhausen ab. Bekannte Saarner
Namen wie der des ehemaligen Mülheimer Sparkassenchefs Jörg Enaux weisen auf
die ersten Mülheimer Gastarbeiter hin. Trenelle beschäftigte in Spitzenzeiten
mehr als 500 Arbeiter, darunter auch viele Minderjährige. Kinderarbeit war in
der frühen Industrialisierung an der Tagesordnung.
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