Mittwoch, 9. Mai 2018

Wo die alten schon schwammen: Ein Zeitsprung ins Styrumer Freibad

Ein Foto aus dem Adressbuch der Stadt Mülheim an der Ruhr
aus dem Jahr 1936
„Besucht das Ruhrstadion!“ fordert das Adressbuch der Stadt Mülheim anno 1936 auf einer seiner ersten Seiten und illustriert diese Aufforderung mit der historischen Aufnahme.
1925 wurde das Styrumer Freibad mit dem Ruhrstadion errichtet.  Damals hatten die deutschen Arbeitnehmer maximal zwölf Urlaubstage pro Jahr. 1936 waren es immerhin schon 21. Heute sind es im Durchschnitt 30.

Doch auch wenn die Nationalsozialisten mit ihrem Ferienwerk Kraft durch Freude (KDF) erstmals auch Arbeitern und kleinen Angestellten einen Urlaub ermöglichten und dies als Propagandaerfolg für ihre Diktatur feierten, konnten die meisten Deutschen damals von Urlaubsreisen in ferne Länder nur träumen. Nach Angaben des Statistischen Reichsamtes verdienten 1936 62 Prozent der Steuerzahler weniger als 1500 Reichsmark pro Jahr. 60 Prozent ihres Einkommens mussten sie für Lebensmittel und Wohnungsmiete aufwenden. 

Umso wichtiger waren für die einfachen Bürger in dem von Thyssen geprägten Industrieort Styrum und für ihre Mitbürger in Mülheim und seinen Nachbarstädten preiswerte Naherholungsangebote, wie das des Styrumer Freibades. Erwachsene zahlten 1936 werktags 20 und sonntags 40 Pfennig. Für Kinder kostete der Eintritt ins Badevergnügen 10 und 20 Pfennig.

Wer das Styrumer Freibad mit der Straßenbahn oder mit einem Schiff der Weißen Flotte ansteuerte, konnte für 40 und 50 Pfennig eine Fahrkarte erwerben, in der der Eintritt ins Freibad enthalten war. Das Styrumer Freibad bot schon damals eine Wasserfläche von 12800 Quadratmetern, Liege- und Spielwiesen, einen Erfrischungsraum mit Dachgarten und eine Wasserrutsche. Außerdem durften die Badegäste auch die Sportanlagen des Ruhrstadions benutzen.


Dass es heute auch noch ein Styrumer Freibad gibt, das seit 2012 als Naturbad von der Pia-Stiftung betrieben wird, ist vor allem dem Kampf der Bürgerinitiative Schwimmen in Styrum zu verdanken. Sie wehrte sich mit einem Bürgerbegehren gegen die 2001 vom Rat der Stadt beschlossenen Schließung des Freibades und erzwang so 2002 die Wiedereröffnung des Freibades, das seit 2006 als Naturbad betrieben wird.

Dieser Text erschien am 7. Mai 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung

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