Montag, 24. Juni 2019

Wo die Mülheimer Zeitung entstand


Das Mülheimer Pressehaus 1025
Postkartenansicht aus dem Mülheimer Stadtarchiv
Heute schauen wir auf das alte Pressehaus an der Eppinghofer Straße. Entworfen vom Architekten Franz Hagen, wurde es 1925 mit seinen sieben Stockwerken als erstes „Hochhaus“ Mülheims in unmittelbarer Nähe des heutigen Hauptbahnhofes errichtet. Damals firmierte dieser Bahnhof mit seinem 1910 errichteten Gebäude noch als Bahnhof Eppinghofen. Auf der linken Bildseite erkennen wir die Brücke, unter der wir auch heute noch zum Haupteingang des Hauptbahnhofes am Dieter-aus-dem-Siepen gehen.

Wo das 1943 von alliierten Bomben zerstörte Pressehaus stand, sehen wir heute den Gebäude-Komplex, in dem die Sparda-Bank und die städtische Sozialagentur einquartiert sind. Dass der Architekt Franz Hagen, der in Mülheim die eine oder andere Villa entworfen hat, auch das Pressehaus plante, hatte einen guten Grund. Denn er war über viele Jahre Geschäftsführer der Mülheimer Zeitung, die seit 1873 der Familie seiner Frau Antonie Marks gehörte.

In den 1920er Jahren, das Radio, steckte noch in seinen Kinderschuhen, war die Zeitung noch das Leitmedium. Auch die zweite Mülheimer Zeitung, dieser Zeit, der Generalanzeiger gehörte, wenn auch in einem anderen Verlag erscheinend der Familie Marks. Hinter dem Generalanzeiger stand bis 1911 die Druckerfamilie Blech, deren Vorfahre Gerhard Wilhelm Blech ab 1797 für wenige Jahre eine erste Mülheimer Zeitung herausgegeben hatte. Dann übernahm der Verleger Wilhelm Marks diese Zeitung, während seine Schwestern Antonie und Wilhelmine Marks die Mülheimer Zeitung herausgaben.

Der Grund für die beiden miteinander konkurrierenden Presseverlage mit dem gleichen Familiennamen, man ahnt es, war ein Erbstreit unter Geschwistern, deren Vater Ernst die 1872 von Julius Wacker gegründete Mülheimer Zeitung 1873 erworben hatte.
Erst unter dem politischen und wirtschaftlichen Druck einer von der NSDAP beherrschten und politisch gleichgeschalten Presse bündelte die Verlegerfamilie Marks 1934 ihre Kräfte und fusionierte die beiden Lokalblätter unter dem Titel Mülheimer Zeitung. Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmten die Alliierten die Pressepolitik in Deutschland. Sie schlossen die sogenannten Altverleger aus dem Pressemarkt aus und vergaben ihre Lizenzen zur Herausgabe von Zeitungen stattdessen an politisch unbelastete Neu-Verleger. So erschien ab 1946 in Mülheim die von dem Sozialdemokraten Dietrich Oppenberg herausgegebene Neue Ruhr Zeitung. Ab 1948 kam die von Erich Brost und Jakob Funke gegründete Westdeutsche Allgemeine Zeitung hinzu, die bis 1965 mit der Verlegerfamilie Marks und ihren alten Lokaltitel Mülheimer Zeitung eine Redaktion- und Anzeigengemeinschaft bildete. Doch auf lange Sicht stiegen die Erben der Mülheimer Verlegerfamilie Marks aus dem Pressegeschäft aus und verlegten sich auf die Herausgabe von Büchern und Kalendern sowie auf den Handel mit Druckereibedarf. 

Heute steht hier an der Eppinghofer Straße die Sozialagentur
Dieser Text erschien am 24. Juni 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung

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