Samstag, 22. Juni 2019

Ein kritischer Geist


Klaus Möltgen
Klaus Möltgen. Ältere Mülheimer kennen den Christdemokraten, der am 22. Juni seinen 80. Geburtstag feiert. Sich selbst und seiner Partei hat es der Partei- und Fraktionsvorsitzende der siebziger, achtziger und frühen neunziger Jahre nie leicht gemacht. Der pensionierte Lehrer und Hochschullehrer, der das politische Geschehen nicht nur in seiner Heimatstadt Mülheim kritisch verfolgt, zählt sich selbst zum christlich-sozialen und linken Flügel der CDU. Als Möltgen, Großvater Joseph Brüggemann 1945 zu den Gründern der Mülheimer CDU gehörte, 1993 gegen den Willen seiner Partei für das Amt des Stadtdirektors kandidierte und anschließend mit dem Wahlbündnis Unabhängiger Bürger (WUB) eine eigene Fraktion bildete und 1994 mit der WUB zur Kommunalwahl antrat, schloss ihn seine Partei aus. Doch in den Jahren seines Kölner Exils wurde er wieder in die CDU aufgenommen. Er kehrte nach Mülheim zurück. Heute wohnt er mit seiner Lebensgefährtin in Broich. Mit Sorge sieht der Historiker und Germanist den Zustand der Volksparteien und unserer Demokratie, auch in Mülheim. „Wir dürfen nie wieder Weimarer Verhältnisse bekommen“, sagt er mit Blick auf die Zersplitterung des Stadtrates. Gerne sähe er es deshalb, wenn die 1999 von den Verfassungsrichtern gekippte Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen durch eine 2,5-Prozent-Hürde in milder Form reaktiviert würde. „Es kann doch nicht sein, dass man mit 600 Stimmen schon ein Ratsmandat bekommt“, findet er. Die ebenfalls 1999 eingeführte Direktwahl des Oberbürgermeisters begrüßt er als „Stärkung der Bürger“. In diesem Sinne plädiert Möltgen für mehr Basisdemokratie. Das zum Beispiel das Friedhofskonzept der Stadt ohne Bürgerbeteiligung abgehandelt wird, bringt ihn in Rage. „Die Bezirksbürgermeister dürfen nicht nur anlassbezogen zu Bürgerversammlungen einladen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Wir brauchen in den Stadtteilen regelmäßige Bürgerversammlungen, bei denen alle Bürger zu allen Themen Rede- und Antragsrecht haben. Nur so können wir alle Einwohner der Stadt wieder an die Demokratie heranführen und zur Bürgerkommune werden“, glaubt Möltgen.

Dieser Text erschien am 22. Juni 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung

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