Es gibt noch
Inseln der Menschlichkeit, zum Beispiel in der Straßenbahn. Ein altes Ehepaar
steigt ein. Sie, schon etwas wackelig, steuert den nächsten freien Sitzplatz an
und lässt sich neben einem jungen Mann nieder. Ihr noch rüstiger Gatte wird
einige Sitzplätze weiter sesshaft. Der junge Mann neben der alten Dame erkennt
die Lage und bietet dem alten Ehemann seinen Platz an, damit dieser neben
seiner besseren Hälfte sitzen kann. Doch der alte Herr winkt von weitem ab und
lässt den hilfsbereiten
Geschlechtsgenossen wissen: „Lassen Sie mal, junger Mann. Meine Frau und ich
kennen uns schon lange genug.“ Alle Fahrgäste lachen. So heiter kann Nahverkehr
sein. Und als Er Sie einige Haltestellen später an die Hand nimmt, um ihr beim
Ausstieg aus Tram zu helfen, weiß ich, dass etwas daran ist, dass sich neckt,
was sich liebt und alte Liebe nicht rostet. Schön, dass es solche An- und
Aussichten noch gibt, die einen Augenblick der Zuversicht und der Herzenswärme
schenken.
Dieser Text erschien am 6. Juni 2019 in der Neuem Ruhr Zeitung
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