Dieser Text erschien am 20. Juni 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung
Donnerstag, 20. Juni 2019
Froher Feiertag
Einen frohen Feiertag hat man mir gestern gewünscht. Und ich
habe diesen Wunsch erwidert. Ein froher Feiertag. Das hört sich gut an. In einer
Zeit, in der man von uns erwartet flexibel und rund um die Uhr im Sinne von
Arbeit und wirtschaftlicher Produktivität zu funktionieren, gönnen wir uns
einen frohen Feiertag. Das könnte schön sein. Doch ich befürchte angesichts der
prognostizierten Feiertagsstaus, dass viele Menschen in unserer schnellen und
mobilen Leistungsgesellschaft gar nicht mehr fähig sind, sich einen frohen
Feiertag mit ganz viel Ruhe und Muße zu gönnen. Ruhe an Fronleichnam? Um Gottes
willen. Das hört sich nach ewiger Ruhe auf dem Friedhof an. Dafür sind wir doch
viel zu jung und aktiv. Das wäre ja noch schöner, wenn wir am Fronleichnamstag
nicht auf der Autobahn im Stau, sondern in einer garantiert staufreien, aber
dafür betend und singend daherkommen den Fronleichnamsprozession zu stehen
kämen. Wo kämen wir denn da hin? Am Ende noch zur Besinnung. Dabei feiern wir
ja mit Fronleichnam „den Leib des Herrn“ und damit die Fleischwerdung Gottes in
Christi. Es geht also um die Frohe Botschaft, dass wir als geliebte Kinder
Gottes mehr sind als wir leisten und besitzen. Doch ich befürchte, dass das
unbeschwerte und ewige Leben im Paradies, das uns die Frohe Botschaft des
christlichen Glaubens verheißt, für so manchen Workaholic und erlebnissüchtigen
Adrenalin-Junkie unserer Tage zur reinsten Hölle werden könnte. Ich glaube, dass
wir nicht erst im Himmel, sondern auch jetzt schon auf Erden erst mal durch ein
reinigendes Fegefeuer gehen müssen, ehe wir reinen Herzens froh werden und unbeschwert
miteinander feiern können.
Dieser Text erschien am 20. Juni 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung
Dieser Text erschien am 20. Juni 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung
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