Der Adventsbesuch bei einem Freund ließ
mich staunen. So romantisch hätte ich ihn gar nicht eingeschätzt. Aber der
Mann, der in seinem Berufsleben als Jurist und Ökonom mit Zahlen und Paragrafen
arbeitet, hat seine Wohnung schon 14 Tage vor dem Heiligen Fest weihnachtlich
durchdekoriert. Sogar der elektrisch beleuchtete Weihnachtsbaum strahlt schon
in seinem Wohnzimmer. Nur das Krippenteam der Heiligen Familie, nebst Ochse,
Esel, Hirten und den Heiligen Drei Königen hat er sich, so viel biblische
Authentizität muss auch im Zeitalter des pluralistischen und säkularen
Relativismus sein, hat er sich für die Weihnachtstage aufgehoben. Doch schon
jetzt wird der vorweihnachtliche Glanz in seiner ansonsten kleinen, modernen und nüchternen Wohnung noch getoppt von seiner
Modelleisenbahn, die am Fuß des Christbaums ihre Runden dreht. „Ein Weihnachtsgeschenk
aus Kindertagen, als ich noch Lokomotivführer werden wollte“, verriet er mir.
Man(n) sieht. Auch gestandene Herrn im
besten Alter sind und bleiben in ihrem Herzensgrund kleine Jungs. Denn sie
wissen instinktiv, was die Schriftstellerin Mirjam Preissler einmal so
beschrieben hat: "Nimm deine Kindheit und lauf. Eine andere kriegst du
nicht!"
Dieser Text erschien am 12. Dezember 2018 in der NRZ
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