Donnerstag, 27. Dezember 2018

Stefans Erben

Am zweiten Weihnachtstag feiert die katholische Kirche den Namenstag ihres ersten Märtyrers. Stefanus war ein Zeitgenosse Jesu, der sich als Bußprediger und Diakon in der Jerusalemer Urgemeinde einen Namen, aber mit seinem eindeutigen Bekenntnis zu Jesus von Nazareth als dem Sohn Gottes viele Feinde machte. Der biblischen Überlieferung folgend sagte Stephanus in seiner Verteidigungsrede: Ich sehe den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.“ Und er soll noch während seiner anschließenden Steinigung im Angesicht seiner Peiniger und seines Todes gebetet haben: "Vater vergib ihnen. Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ 

Früher wie heute mussten Menschen ihr Leben lassen, weil sie ihren christlichen Glauben beharrlich und unbeugsam bezeugten und ihre Zeitgenossen mit unbequemen Wahrheiten konfrontierten. Einer von ihnen war der als Sohn eines Volksschullehrers in Mülheim aufgewachsene und zur Schule gegangene Präses der Katholischen Arbeiterbewegung Westdeutschlands Otto Müller (1870-1944). Zusammen mit Nikolaus Groß und Bernhard Letterhaus bildete er im Dritten Reich die Spitze der KAB-Zentrale im Kölner Ketteler-Haus. Mit ihrer christlich und sozial geprägten Ethik gerieten Müller, Groß und Letterhaus zwangsläufig in einen Gegensatz zur menschenverachtenden Ideologie des NS-Regimes. Deshalb schlossen sie sich als Kölner Kreis dem sogenannten Kreisauer Kreis um den Jeusiten-Pater Alfred Delp und den ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler an Müller, der als junger Priester und Mitgründer des Volksvereins für das katholische Deutschland zu den sogenannten roten Ruhr-Kaplänen gehört und seit 1895 an der Spitze des Verbandes der katholischen Arbeitervereine gestanden hatte, wurde, ebenso wie seine Mitstreiter nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet. Während Letterhaus und Groß nach einem Schauprozess vor dem Volksgerichtshof hingerichtet wurden, starb Müller noch während der Haft in Berlin.


Heute erinnert ein Stahlkreuz vor der Dümptener Barbarakirche an die unerschrockenen Glaubenszeugen aus der Zeit der Hitler-Diktatur. Auch in einem Fenster der Heißener Josephskirche ist Otto Müller verewigt. 



Zurecht wies Mülheims Stadtdechant Michael Janßen in seiner heutigen Predigt darauf hin, dass die Christen inzwischen, die weltweit am häufigsten verfolgte Religionsgemeinschaft sind. Das Hilfswerk Open Doors spricht davon, dass weltweit 200 Millionen Christen in über 100 Ländern aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden.

Es stimmt nachdenklich und macht traurig, dass auch 300 Jahre nach der Aufklärung und 70 Jahre nach der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen das Menschenrecht der freien Religionsausübung immer noch nicht für alle Menschen selbstverständlich ist. Dabei hat uns Gotthold Ephraim Lessing mit seiner Ringparabel doch schon im 18. Jahrhundert den Weg zur religiösen und geistigen Toleranz gewiesen. 

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