Sonntag, 12. Dezember 2021

Würstchen-Wirschaft

Kürzlich fühlte ich mich wie ein armes Würstchen. Das hatte damit zu tun, dass ich bei meinem Lieblings-Bratwurst-Business auf dem Weihnachtstreff ein Würstchen verspeiste. Wurst, Brötchen und Senf schmeckten gut, wie immer. Doch blieb mir der Imbiss im Halse stecken, weil sein Preis von 2,50 auf 3 Euro angestiegen war.  Ich gönne der Dame am Grill  50 Cent mehr. Doch immer öfter  stelle ich nicht nur am Grillstand fest, dass es preislich immer mehr um die Wurst geht. Otto-Normalverbraucher backt immer noch die gleichen kleinen Brötchen und soll die großen Brötchen der anderen bezahlen. Darf es noch ein bisschen mehr sein? Beim Bäcker, beim Metzger, bei der Miete oder im Supermarkt? Nein, danke! 

Doch ich ahne, dass dieser Wunsch des zahlenden Kunden nicht mehr als ein frommer Wunsch bleibt. Die Letzten in der Nahrungskette beißen die Hunde. Sie zahlen drauf. EZB-Chef Mario Draghi will mehr Inflation. Denn wenn die Kunden mehr ausgeben, nimmt die Wirtschaft mehr ein. Doch Mister Euro könnte schnell selbst zum armen Würstchen werden, wenn mehr Ausgaben für den täglichen Bedarf den Menschen weniger Lust auf das Ankurbeln der Wirtschaft machen sollte.

NRZ, 27.11.2015

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