Alles neu macht der Mai. So dichtete 1829 Hermann Adam von Kamp. Würde der Mülheimer Lehrer und Dichter heute noch leben, dichtete er vielleicht: „Alles neu macht der Markt!“ Denn wer in Märkten aller Art einkauft, erlebt immer wieder eine ungewollte Schnitzeljagd: „Wo haben Sie das Toilettenpapier? Das haben wir jetzt dort, wo sonst die Windeln standen? Aber wo standen den sonst die Windeln?“ „Sie brauchen eine Handcreme? Die steht jetzt dort, wo wir früher das Parfüm hatten. Wir haben nämlich umgebaut.“ Diese Auskunft bekommt der hilflos durch die Regalreihen irrende Kunde öfter zu hören, als ihm lieb ist. In ihrem kreativen Bestreben, die Ware des Hauses so verlockend wie möglich und so überraschend neu, wie möglich, zu präsentieren, schießen so manche Marktbelegschaften über ihr Ziel hinaus. Das gilt vor allem dann, wenn zu neuen Produktstandorten auch noch neue Preise und Packungsgrößen kommen. Auf solch erlebnisorientiertes Einkaufen können die meisten Kunden vom Stamme Gewohnheitstier verzichten. Die so ersparte Arbeit und Zeit nähmen sie gerne als Preisnachlass mit. Den könnte es ruhig mal öfter geben. Das wäre mir immer noch das liebste Einkaufserlebnis.
Dieser Text erschien am 7. November 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung
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