Mittwoch, 23. Oktober 2019

Schlag nach bei Willy Brandt

Vor 50 Jahren trat Willy Brandt, nachdem heute eine Mülheimer Schule benannt ist, sein Amt als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler mit dem Versprechen an: „Wir wollen mehr Demokratie wagen!“ Von der damaligen Aufbruchstimmung sind heute nicht nur seine Mülheimer Genossen weit entfernt. Dennoch ist seine Aufgabenbeschreibung aus dem Jahr 1969 auch heute noch aktuell. Ob in der großen internationalen und nationalen oder in der kleinen lokalen Politik bleibt das unausweichliche und unersetzliche Wagnis der Demokratie eine Gemeinschaftsaufgabe, in der nicht das ICH, sondern das WIR darüber entscheidet, ob wir als Gesellschaft im Wandel vom Weg ab- oder durch Annäherung zum Ziel kommen, weil wir, wie Willy Brandt es vor 50 Jahren formuliert hat, nach innen wie nach außen ein Volk der guten Nachbarn sind, in dem nicht nur die Macht, sondern auch die Menschlichkeit vom Volke ausgeht und unser 1949 verkündetes Grundgesetz nicht nur auf dem Papier steht, sondern Wirklichkeit ist. Schon Willy Brandt, der erst im dritten Anlauf zum Bundeskanzler gewählt wurde, wusste, was heute viele nicht wahrhaben und ertragen wollen. Mehr Demokratie wagen ist kein glorreicher Sprint, sondern ein anstrengender Marathon, an dessen Ziel nicht immer eine Goldmedaille winkt. Aber auch die längste Reise und der längste Lauf beginnen immer mit dem ersten Schritt.

Dieser Text erschien am 22. Oktober in der NRZ

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