Samstag, 12. Oktober 2019

Lesend lernen

Jugendliche können was, wenn man ihnen denn  etwas zutraut. Die sieben Karl-Ziegler-Schüler Maja Muth, Tobias Klümper, Sandra Rekus, Marvin Seven, Noah Wimper, Emma Engelke und Raul Zieren haben  jetzt den Beweis angetreten. Denn sie haben bei der Lit.Ruhr erstaunlich professionell und souverän den Jugendbuchautor Dirk Reinhardt und sein Buch "Über die Berge und über das Meer" vorgestellt und damit ihren rund 300 gleichaltrigen Zuhörern in der Zeche Zollverein gezeigt wie spannend, informativ und aktuell Jugendliteratur sein kann, wenn sie mit großer Sprachkunst und gut recherchierten Fakten das Schicksal von zwei Flüchtlingskindern aus Afghanistan erzählt. 
Im Interview mit den Karl-Ziegler-Schülern berichtet Reinhardt, wie ihn die Begegnung und die Gespräche mit afghanischen Flüchtlingskindern, die er bei einer Schullesung traf, auf die Idee brachte, sein Buch über die Hintergründe ihres Schicksals zu schreiben. 
Auch die von den Karl-Ziegler-Schülern gestellten Fragen, nach literarischen Vorbildern und seinem eigenen Weg zur Schriftstellerei beantwortet Reinhardt anschaulich. So berichtet er von seinen frühen Lesererfahrungen mit den Büchern von Mark Twain und Charles Dickens, in denen es nicht nur um abenteuerliche und fantastische Geschichten, sondern immer auch um soziale und politische Lebenswirklichkeiten gehe. Reinhardt berichtet den Schülern von seinen Recherchen und seiner strukturellen Konzeptionsarbeit, die dem Schreiben eines Buches vorausgehen. Und er lässt sie auch in den Alltag eines Autors blicken, der mit seinen in Exposees skizzierten Buchideen bei Buchmessen um Verlage wirbt oder daheim Schreibblockaden mit Auszeiten überwindet.

Ganz professionell

Die gezielten Fragen der Schüler, ihre hervorragende Artikulation beim Vorlesen der Buchausschnitte, ihre Anmoderationen und Überleitungen und das auf den ersten Blick einladend und professionell wirkende Veranstaltungsambiente, in dem von der Beleuchtung und der Bestuhlung des Auditoriums bis zur Bühnendekoration und Tontechnik alles stimmt, macht deutlich, dass die Neunt- und Elftklässler der Karl-Ziegler-Schule nicht nur die im März begonnene AG-Stunden an ihrer Schule, sondern auch die von der Lit.Ruhr und ihren Sponsoren finanzierten Projektmanagement- und Moderations-Workshops gut genutzt haben.
Und wie das in so einem Schülerleben ist, so steht auch in diesem Fall hinter starken Schülern eine starke Lehrerin. Denn die unter anderem in der Leseförderung aktive Französisch- und Spanisch-Lehrerin  Marion Lacour wurde via Internet auf das Lit.Ruhr-Projekt "Klasse Buch" aufmerksam und hatte deshalb die Idee, sich mit einer Schüler-AG um die Ausrichtung der "Schüler-für-Schüler"-Jugendbuch-Veranstaltung im Rahmen der Lit.Ruhr zu bewerben. Ihr Lob an die Schüler: "Sie waren sehr offen, kreativ und engagiert und haben sich für das Projekt begeistern lassen. Und für mich war es schön, zu sehen, wie sie dabei gewachsen sind."

Gute Erfahrung

Wie haben die Karl-Ziegler-Schüler die von ihnen vorbereitete und durchgeführte Lit.Ruhr-Veranstaltung erlebt?
"Mir hat es Spaß gemacht, hier vorne auf der Bühne zu stehen und ich nehme viel Erfahrung mit. Sicher hilft es einem auch im Beruf, wenn man gut vor Menschen sprechen kann.", sagt Tobias Klümper. "Wir haben hier Teamwork gelernt und erfahren, wie wichtig es ist, sich als Teil eines Teams zu begreifen, miteinander zu kommunizieren und so auch Rückhalt zu erfahren", betont Sandra Rekus. "Auf der Bühne hatte ich schon Lampenfieber und Angst mich zu versprechen. Doch der Autor hat gut und ausführlich geantwortet. Das hat mir Sicherheit gegeben und dafür gesorgt, dass ich aus mir herausgegangen bin und eigene Nachfragen entwickelt habe.", unterstreicht Noah Wimper. "Bevor ich auf die Bühne gegangen bin, war ich sehr aufgeregt, Aber je länger das Gespräch glatt lief, desto ruhiger wurde ich", bilanziert Emma Engelke. Und für den Autor Dirk Reinhardt steht fest: "Solche Veranstaltungen, in denen Schüler in Aktion treten, um für andere Schüler ein Buch zu präsentieren, sind wichtig, weil sie Jugendlichen zeigen, was ein Buch kann, nämlich eine eigene Welt in unserem Kopf zu erschaffen."
Viel Lob bekamen die Karl-Ziegler-Schüler auch von der zuständigen Jugendbuch-Programmleiterin der Lit.Ruhr, Angela Fuhrtkamp, die resümierte: "Das ist wirklich toll gelaufen, weil die Schüler inhaltlich gut vorbereitet waren und sich sehr intensiv mit dem Buch und seinem Autor auseinandergesetzt haben."

Dieser Text erschien am 11. Oktober 2019 im Lokalkompass der Mülheimer Woche

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