Ich bin treu, auch meinem Bäcker. Denn auch wenn Brot,
Brötchen, Teilchen und Co bei ihm teurer sind als die Backwaren aus dem
Supermarkt, überzeugt mein Gaumen meinen Geldbeutel, etwas tiefer in die Tasche
zu greifen, damit es mir am Frühstücks- oder Abendbrottisch auch schmeckt.
Viele Mülheimer sehen es so wie ich. Denn unser Bäcker muss keine kleinen
Brötchen backen und betreibt gleich mehrere Filialen in unserer Stadt. Das sei
ihm auch gegönnt. Doch jetzt wurde meine Treue zum örtlichen Handwerksbäcker
auf eine Probe gestellt, die mir so gar nicht schmeckte. Ich wartete in einer
Filiale mit einer geteilten Theke. Links gibt es zu Brot, Brötchen, Teilchen
und Co. Rechts geht es zu den belegten Brötchen und anderen Bäckereisnacks. Ich
begehrte zwei Teilchen und wartete, bis ich dran war. Doch dran war ich auch
dann noch lange nicht. Denn die Bäckereifachverkäuferin ließ mich wissen: „Stellen
Sie sich auf der anderen Seite der Theke an. Ich bin hier nur für die Snacks
zuständig.“ Natürlich hätte ich jetzt mit der Dame eine Grundsatzdiskussion
anfangen können, ob die Teilchen, die nur zwei Schritte und einen Handgriff von
ihre entfernt in der Verkaufstheke lagen, nicht auch als Snacks zu bewerten
seien. Doch ich war so verblüfft und sprachlos, ob ihrer bürokratischen Antwort
und ihrem hartnäckigen Zuständigkeitsverweis, dass mir der Appetit vergangen
war und ich meinen Kaffee daheim ohne Teilchen zu mir nahm. Meine Waage wird es
mir danken. Dennoch möchte ich ungern auf die Backwaren meines Bäckers
verzichten und künftig geschmackstechnisch im Supermarkt kleine Brötchen
backen. Aber ich fände es schon schön, wenn alle Damen und Herrn seiner
Thekenmannschaft so flexibel und kundenfreundlich agieren würden, dass man als
Kunde in der Bäckereifiliale Appetit auf mehr und keinen mentalen Schlag in die
Magengrube bekommt, der einem den Appetit vergehen lässt.
Dieser Text erschien am 10. Oktober 2019 in der NRZ
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