Auch wenn die Zahl der Eziehungshilfen, wie Ende März im
Jugendhilfeausschuss vorgestellt und jetzt auch vom statistischen Landesamt IT
NRW veröffentlicht, gegen den Landestrend von plus 1,9 Prozent im Vergleich zum
Jahr davor um 43 (-3,2 Prozent) zurückging, fällt auf, dass die Zahl der
flexiblen Familienhilfen im gleichen Zeitraum um 18,3 Prozent von 262 auf 310
angestiegen ist.
„Die flexibibele Familienhilfe soll Familien mölglichst
frühzeitig und niederschwellig helfen , ihren Alltag besser zu organisieren und
so Eltern entlasten, ehe das Kind in den Brunnen gefallen ist“, erklärt
Sozialplanerin Birgit Mohr diesen „Türöffner der Eziehungshilfe“. Die steigende
Zahl der flexiblen Familienhilfen begründet Mohr unter anderem damit, „dass die
Leute heute aufmerksamer hinschauen und sich mehr besorgte Nachbarn,
Erzieherinnen oder Lehrer bei uns melden, wenn sie den Eindruck haben, dass ein
Kind vernachlässigt werden könnte, weil es zum Beispiel regelmäßig ohne
Frühstück zur Schule kommt oder abends unbeaufsichtigt auf dem Spielplatz
spielt.“
Einen weiteren vorbeugenden Effekt sieht der
stellvertretende Sozialamtsleiter Thomas Konietzka im Familienbesuchservice,
den seine Behörde vor fünf Jahren eingerichtet hat, um möglichst früh auf
Probleme in Familien aufmerksam zu werden. Rund 1200 mal besuchte das Sozialamt
im letzten Jahr Familien mit einem neugeborenen Kind. „Wenn Eltern die flexible
Familienhilfe verstärkt annehmen und sich unterstützen lassen, ist das ein
gutes Zeichen“, findet Konietzka.
Denn auch, wenn er sagt: „Unsere erste Frage ist immer: Was
ist gut für das Kind“, weiß er angesichts der 1,4 Milliarden Euro Schulden, die
auf der Stadt lasten, auch um die Kosten, die vor allem stationäre und
längerfristige Erziehunghilfen, wie etwa die Unterbringung in einem Heim oder
in einer Pflegefamilie mit sich bringen.
„Ein Heimplatz kostet im Schnitt 200 Euro pro Tag“,
berichtet Konietzka. Für die Unterbringung in einer Pflegefamilie, muss die
Stadt, je nach Alter der Kinder und Jugendlichen, monatlich zwischen 467 und
651 Euro, plus 223 Euro für die Pflegeeltern bezahlen.
„In der Erziehungshilfe gilt ambulante Hilfe vor
Heimunterbringung, weil wir die Eltern in ihrer Erziehungskomptenz stärken und
die Kinder so lange es geht, in ihrem gewohnten familiären Umfeld belassen
wollen“, erklärt Mohr.
Dass die Zahl der flexiblen Familienhilfen 2012 angestiegen,
aber alle anderen Erziehungshilfen (siehe Kasten) rückläufig sind und die Stadt
ihre Kosten für Erziehungshilfe um eine Million auf 17,2 Millionen Euro senken
konnte, sieht Thomas Konietzka als Erfolg einer vorbeugenden, frühszeitigen und
verstärkt ambulanten Erziehungshilfe.
31 Mitarbeiter im Kommunalen Sozialen Dienst gehen in die
Familien, um den Erziehungshilfebedarf festzustellen und zu planen. Die
Ausführung der Erziehungshilfe überträgt das Sozialamt dann in der Regel an die
Sozialverbände Caritas, Diakonie und Arbeiterwohlfahrt, an das Raphaelhaus oder
an das Gerhard-Tersteegen-Institut, das zum Beispiel eine Tagesgruppe in Styrum
betreut.
2012 gewährte das Sozialamt 470 Erziehungsberatungen. 2011
waren es 471. 40 Kinder (2011 waren es 45) wurden in einer Tagesgruppe betreut.
226 Kinder (2011 waren es 264) waren in einem Heim untergebracht und 134 statt
153 wurden in einer Pflegefamilie versorgt und erzogen. Drei statt sechs
Familien bekamen eine längerfristige sozialpädagogische Familienhilfe. Zwei
statt vier Kinder und Jugendliche erhielt eine intensive sozialpädagogische
Einzelbetreuung. Und die Zahl der seelisch behinderten Kinder und Jugendlichen,
die bei ihrer gesellschaftlichen Eingliederung unterstützt wurden sank im
Jahresvergleich 2011/2012 von 143 auf 120.
Dieser Text erschien am 25. April 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
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