Mir steckt ein evangelischer Pfarrer einen Geldschein zu. Das überraschte mich. Normalerweise wollen Pfarrer und ihre Helfer Geld bekommen. Der Klingelbeutel und die Kirchensteuer lassen grüßen. Aber wenn es einem guten Zweck und dem Seelenheil dienst. Doch halt. War da nicht vor 500 Jahren ein Mönch namens Martin Luther, der dem römischen Dombaumeister , Papst Julius II. klarzumachen versuchte, dass das Seelenheil nicht käuflich sei.
Und während der Katholik noch darüber nachdenkt, wofür er den unerwarteten evangelischen Geldsegen verwenden könnte, sieht er auf der unerwarteten Banknote die rote Silhouette des Reformators und daneben eine dicke Null. Luther, eine Null? Und diese Botschaft aus der Hand eines evangelischen Pfarrer. Gott steh uns bei. Doch gleich über der roten Null stand der erhellende und erlösende Satz: „Gottes Gnade gibt es umsonst!“ Ob ich mit dieser Währung auch meinen Einzelhändler und meinen Vermieter erweichen kann? Doch während ich an der Kasse so vor mich hin sinniere und den mir noch fehlenden Cent suche, reicht ihn mir ein großzügiger Zeitgenosse von hinten an. Ich danke und begreife den unbezahlbaren Wert der Herzenswärme.
Dieser Text erschien am 27. Oktober 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung
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